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Kommunistischen Internationale 2. Kongress, am 30. Juli 1920
RESOLUTION ÜBER DIE BEDINGUNGEN DER AUFNAHME IN DIE KOMMUNISTISCHE INTERNATIONALE
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Der erste oder Gründungskongress der Kommunistischen Internationale hat keine genauen Bedingungen für die Aufnahme der einzelnen Parteien in die III. Internationale ausgearbeitet. Zur Zeit der Einberufung des I. Kongresses bestanden in den meisten Ländern nur kommunistische Richtungen und Gruppen.
Unter ganz anderen Verhältnissen tritt der I. Kongress der Kommunistischen Internationale zusammen. Jetzt bestehen in den meisten Ländern nicht mehr nur kommunistische Strömungen und Richtungen, sondern kommunistische Parteien und Organisationen.
An die Kommunistische Internationale wenden sich jetzt immer öfter Parteien und Gruppen, die noch unlängst zur II. Internationale gehörten, jetzt in die III. Internationale eintreten wollen, aber noch keine wirklich kommunistischen Organisationen geworden sind. Die II. Internationale ist endgültig zerschlagen. Die Zwischenparteien und Zwischengruppen des „Zentrums“, die die völlig hoffnungslose Lage der II. Internationale erkennen, versuchen, sich an die immer mehr erstarkende Kommunistische Internationale anzulehnen, wobei sie jedoch hoffen, eine „Autonomie“ zu behalten, die ihnen die Möglichkeit geben soll, ihre frühere opportunistische oder „zentristische“ Politik fortzusetzen. Die Kommunistische Internationale wird in einem gewissen Grade zur Mode.
Das Verlangen einiger führender Gruppen des „Zentrums“, in die kommunistische Internationale einzutreten, ist eine indirekte Bestätigung dafür, dass Kommunistische Internationale die Sympathien der gewaltigen Mehrheit der klassenbewussten Arbeiter der ganzen Welt erobert hat und von Tag zu Tag zu einer immer größeren Macht wird.
Unter gewissen Umständen kann für die Kommunistische Internationale die Gefahr entstehen, dass sie durch wankelmütige Gruppen verwässert wird, die eine Politik der Halbheiten treiben und sich von der Ideologie der II. Internationale noch nicht frei gemacht haben.
Außerdem besteht in einigen Parteien (Italien, Schweden, Norwegen, Jugoslawien u.a.), deren Mehrheit auf dem Standpunkt des Kommunismus steht, immer noch ein bedeutender reformistischer und sozialpazifistischer Flügel, der nur auf den Augenblick wartet, um von neuem das Haupt zu erheben, eine aktive Sabotage der proletarischen Revolution zu beginnen und dadurch der Bourgeoisie und der II. Internationale zu helfen.
Kein einziger Kommunist darf die Lehren der Ungarischen Räterepublik vergessen. Die Verschmelzung der ungarischen Kommunisten mit den sogenannten „linken“ Sozialdemokraten ist dem ungarischen Proletariat teuer zu stehen gekommen.
Deshalb erachtet es der II. Weltkongress der Kommunistischen Internationale für notwendig, ganz genaue Bedingungen für die Aufnahme von neuen Parteien festzusetzen und die Parteien, die bereits in die Kommunistische Internationale aufgenommen worden sind, auf ihre Pflichten hinzuweisen.
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Der II. Kongress der Kommunistischen Internationale beschließt: Für die Zugehörigkeit zur Kommunistischen Internationale gelten folgende Bedingungen:
1. Die tagtägliche Propaganda und Agitation muss einen wirklich
kommunistischen Charakter tragen und dem Programm und den Beschlüssen der
Kommunistischen Internationale entsprechen. Alle Presseorgane, die sich in den
Händen der Partei befinden, müssen von zuverlässigen Kommunisten redigiert
werden, die ihre Hingabe an die Sache des Proletariats bewiesen haben. Von der
Diktatur des Proletariats darf man nicht einfach wie von einer landläufigen,
eingepaukten Formel sprechen, sondern muss sie so propagieren, dass ihre
Notwendigkeit jedem einfachen Arbeiter, jeder Arbeiterin, jedem Soldaten, jedem
Bauer auf Grund der Tatsachen des täglichen Lebens klar werde, die von unserer
Presse systematisch, tagaus, tagein hervorgehoben werden.
Die periodische und nichtperiodische Presse und alle Parteiverlage müssen
vollkommen dem Zentralkomitee der Partei unterstellt werden, ganz gleich, ob die
Partei in ihrer Gesamtheit in dem betreffenden Moment legal oder illegal ist. Es
ist unzulässig, dass die Verlage ihre Autonomie missbrauchen und eine Politik
treiben, die nicht ganz der Politik der Partei entspricht.
In den Spalten der Presse, in den Volksversammlungen, den Gewerkschaften, den
Genossenschaften – überall, wohin die Anhänger der III. Internationale Zutritt
erlangen, muss man nicht nur die Bourgeoisie, sondern auch ihre Helfershelfer,
die Reformisten aller Schattierungen, systematisch und unbarmherzig brandmarken.
2. Jede Organisation, die der Kommunistischen Internationale beitreten will, muss planmäßig von allen irgendwie verantwortlichen Posten der Arbeiterbewegung (in den Parteiorganisationen, Redaktionen, Gewerkschaften, Parlamentsfraktionen, Genossenschaften, Gemeindeverwaltungen usw.) die Reformisten und Anhänger des „Zentrums“ entfernen und an ihre Stelle bewährte Kommunisten setzen, ohne sich daran zu kehren, dass man mitunter in der ersten Zeit „erfahrene Führer“ durch einfache Arbeiter wird ersetzen müssen.
3. Fast in allen Ländern Europas und Amerikas tritt der Klassenkampf in die Phase des Bürgerkrieges ein. Unter derartigen Verhältnissen können die Kommunisten kein Vertrauen zu der bürgerlichen Legalität haben. Sie sind verpflichtet, überall einen parallelen illegalen Organisationsapparat zu schaffen, der im entscheidenden Moment der Partei helfen soll, ihre Pflicht gegenüber der Revolution zu erfüllen. In allen Ländern, wo die Kommunisten infolge des Belagerungszustandes und der Ausnahmegesetze nicht die Möglichkeit haben, ihre gesamte Arbeit legal zu leisten, ist die Verknüpfung der legalen mit der illegalen Tätigkeit eine unbedingte Notwendigkeit.
4. Die Pflicht zur Verbreitung der kommunistischen Ideen erfordert insbesondere, dass man eine hartnäckige, planmäßige Propaganda in der Armee treibe. Wo diese Agitation durch Ausnahmegesetze verboten ist, muss man sie illegal treiben. Die Ablehnung einer solchen Arbeit wäre gleichbedeutend mit einem Verrat an der revolutionären Pflicht und unvereinbar mit der Zugehörigkeit zur III. Internationale.
5. Notwendig ist eine systematische und planmäßige Agitation auf dem Lande. Die Arbeiterklasse kann ihren Sieg nicht sichern, wenn sie nicht wenigstens einen Teil der Landarbeiter und armen Bauern für sich gewinnt und einen Teil der übrigen Dorfbevölkerung durch ihre Politik neutralisiert. Die Arbeit der Kommunisten auf dem Lande erlangt in der gegenwärtigen Epoche die allergrößte Bedeutung. Diese Arbeit muss man hauptsächlich mit Hilfe der revolutionären kommunistischen (städtischen und ländlichen) Arbeiter leisten, die mit dem flachen Lande Verbindung haben. Der Verzicht auf diese Arbeit und ihre Übergabe in unzuverlässige, halbreformistische Hände wäre gleichbedeutend mit einem Verzicht auf die proletarische Revolution.
6. Jede Partei, die der III. Internationale anzugehören wünscht, ist verpflichtet, nicht nur den offenen Sozialpatriotismus, sondern auch die Falschheit und Heuchelei des Sozialpazifismus zu entlarven: den Arbeitern systematisch vor Augen zu führen, dass ohne revolutionären Sturz des Kapitalismus keinerlei internationale Schiedsgerichte, keinerlei Abkommen über Einschränkung der Kriegsrüstungen, keinerlei „demokratische“ Reorganisation des Völkerbundes imstande sein wird, die Menschheit vor neuen imperialistischen Kriegen zu bewahren.
7. Die Parteien, die der Kommunistischen Internationale anzugehören wünschen,
müssen die Notwendigkeit des vollständigen Bruchs mit dem Reformismus und der
Politik des „Zentrums“ anerkennen und diesen Bruch in den weitesten Kreisen der
Parteimitgliedschaft propagieren. Ohne das ist eine konsequente kommunistische
Politik nicht möglich.
Die Kommunistische Internationale fordert kategorisch und ultimativ die
Vollziehung dieses Bruches in kürzester Frist. Die Kommunistische Internationale
kann sich nicht damit abzufinden, dass notorische Opportunisten, wie Turati,
Kautsky, Hilferding, Hillquit, Languet, Macdonald, Modigliani u. a. das Recht
haben sollen, für Angehörige der III. Internationale zu gelten. Das würde nur
dazu führen, dass die III. Internationale in hohem Maße der zugrunde gegangenen
II. Internationale ähnlich werden würde.
8. In der Frage der Kolonien und der unterdrückten Nationen müssen die Parteien jener Länder, deren Bourgeoisie Kolonien besitzt und andere Nationen unterdrückt, eine besonders klare, eindeutige Stellung einnehmen. Jede Partei, die der III. Internationale anzugehören wünscht, ist verpflichtet, die Machinationen „ihrer“ Imperialisten in den Kolonien rücksichtslos zu entlarven, jede Freiheitsbewegung in den Kolonien nicht nur mit Worten, sondern durch Taten zu unterstützen, die Verjagung ihrer eigenen Imperialisten aus diesen Kolonien zu fordern, in den Herzen der Arbeiter ihres Landes wirklich brüderliche Gefühle für die werktätige Bevölkerung der Kolonien und der unterdrückten Nationen zu wecken und unter den Truppen ihres Landes eine systematische Agitation gegen jegliche Unterdrückung der Kolonialvölker zu treiben.
9. Jede Partei, die der Kommunistischen Internationale anzugehören wünscht, ist verpflichtet, systematisch, hartnäckig innerhalb der Gewerkschaften, der Arbeitersowjets, der Betriebsräte, der Genossenschaften und anderen Massenorganisationen kommunistische Arbeit zu leisten. In diesen Organisationen muss man kommunistische Zellen bilden, um durch langwierige, hartnäckige Arbeit die Gewerkschaften usw. für die Sache des Kommunismus zu gewinnen. Die Zellen sind verpflichtet, in ihrer täglichen Arbeit auf Schritt und Tritt den Verrat der Sozialpatrioten und den Wankelmut des „Zentrums“ zu entlarven. Die kommunistischen Zellen müssen vollkommen der Gesamtpartei untergeordnet sein.
10. Jede Partei, die der Kommunistischen Internationale angehört, ist verpflichtet, einen hartnäckigen Kampf gegen die Amsterdamer „Internationale“ der gelben Gewerkschaftsverbände zu führen. Sie muss unter den gewerkschaftlich organisierten Arbeitern beharrlich die Notwendigkeit des Bruches mit der gelben Amsterdamer Internationale propagieren. Sie muss die in der Entstehung begriffene internationale Vereinigung der roten Gewerkschaften, die sich der Kommunistischen Internationale anschließen, mit allen Mitteln unterstützen.
11. Parteien, die der III. Internationale angehören wollen, sind
verpflichtet, die Zusammensetzung ihrer Parlamentsfraktionen einer Prüfung zu
unterziehen, alle unzuverlässigen Elemente aus ihnen zu entfernen, diese
Fraktionen nicht nur formell, sondern in der Tat den Zentralkomitees
unterzuordnen, von jedem einzelnen kommunistischen Parlamentsmitglied zu
fordern, dass es seine gesamte Tätigkeit den Interessen einer wirklich
revolutionären Propaganda und Agitation unterordne.
12. Die der Kommunistischen Internationale angehörenden Parteien müssen nach dem Prinzip des demokratischen Zentralismus aufgebaut sein. In der gegenwärtigen Zeit des verschärften Bürgerkrieges ist die Kommunistische Partei nur dann imstande, ihre Pflicht zu erfüllen, wenn sie möglichst zentralistisch organisiert ist und eine eiserne, fast militärische Disziplin in ihr herrscht, wenn ihr Parteizentrum ein starkes, autoritatives Organ mit weitgehenden Vollmachten ist, das das allgemeine Vertrauen der Parteimitgliedschaft genießt.
13. Die kommunistischen Parteien aller Länder, in denen die Kommunisten legal arbeiten, müssen periodisch Reinigungen (Umregistrierungen) des Mitgliedsbestandes der Parteiorganisationen vornehmen, um die Partei planmäßig von den kleinbürgerlichen Elementen zu säubern, die sich unvermeidlich an sie anheften.
14. Jede Partei, die der Kommunistischen Internationale anzugehören wünscht, ist verpflichtet, jede Sowjetrepublik in ihrem Kampfe gegen die konterrevolutionären Kräfte rückhaltlos zu unterstützen. Die kommunistischen Parteien müssen eine tatkräftige Propaganda unter den Arbeitern treiben, damit sie es ablehnen, Waffen und Munition für die Feinde der Sowjetrepubliken zu transportieren, müssen legal oder illegal unter den Truppen Propaganda treiben, die zur Erdrosselung der Arbeiterrepubliken angesandt werden usw.
15. Parteien, die bisher noch bei ihren alten sozialdemokratischen Programmen geblieben sind, müssen in möglichst kurzer Zeit diese Programme revidieren und, entsprechend den besonderen Verhältnissen ihres Landes, ein neues, kommunistisches Programm im Geiste der Beschlüsse der Kommunistischen Internationale ausarbeiten. In der Regel muss das Programm einer jeden zur Kommunistischen Internationale gehörenden Partei von dem Kongress der Kommunistischen Internationale oder ihrem Exekutivkomitee bestätigt werden. Wird das Programm dieser oder jener Partei vom Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale nicht bestätigt, so hat die betreffende Partei das Recht, an den Kongress der Kommunistischen Internationale zu appellieren.
16. Alle Beschlüsse der Kongresse der Kommunistischen Internationale wie auch die Beschlüsse ihres Exekutivkomitees sind für alle der Kommunistischen Internationale angehörenden Parteien bindend. Die Kommunistische Internationale, die in einer Periode des schärfsten Bürgerkrieges tätig ist, muss viel zentralisierter aufgebaut sein als die II. Internationale. Dabei müssen selbstverständlich die Kommunistische Internationale und ihr Exekutivkomitee in ihrer gesamten Tätigkeit den verschiedenartigen Verhältnissen Rechnung tragen, unter denen die verschiedenen Parteien kämpfen und arbeiten, und dürfen allgemeinverbindliche Beschlüsse nur in solchen Fragen fassen, wo solche Beschlüsse möglich sind.
17. Im Zusammenhang damit müssen alle Parteien, die sich der Kommunistischen Internationale anschließen wollen, ihren Namen ändern. Jede Partei, die der Kommunistischen Internationale beitreten will, muss den Namen führen: Kommunistische Partei dieses oder jenes Landes (Sektion der III. Kommunistischen Internationale). Die Frage der Benennung ist keine bloß formelle Angelegenheit, sondern eine politische Frage von großer Bedeutung. Die Kommunistische Internationale hat der ganzen bürgerlichen Welt und allen gelben sozialdemokratischen Parteien entschiedenen Kampf angesagt. Jedem einfachen Werktätigen muss der Unterschied zwischen den kommunistischen Parteien und den alten offiziellen „sozialdemokratischen“ oder „sozialistischen“ Parteien, die das Banner der Arbeiterklasse verraten haben, vollkommen klar sein.
18. Alle führenden Presseorgane der Parteien aller Länder sind verpflichtet, alle wichtigen Dokumente des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale abzudrucken.
19. Alle Parteien, die der Kommunistischen Internationale angehören oder einen Antrag auf Beitritt gestellt haben, sind verpflichtet, in kürzester Frist, aber nicht später als vier Monate nach dem II. Kongress der Kommunistischen Internationale, einen außerordentlichen Parteitag einzuberufen, um diese Verpflichtungen zu prüfen. Dabei müssen die Zentralkomitees dafür sorgen, dass die Beschlüsse des II. Kongresses der Kommunistischen Internationale allen örtlichen Organisationen bekannt sind.
20. Diejenigen Parteien, die jetzt in die III. Internationale eintreten wollen, aber bisher ihre frühere Taktik nicht radikal geändert haben, müssen vor ihrem Eintritt in die Kommunistische Internationale dafür sorgen, dass nicht weniger als zwei Drittel der Mitglieder ihrer Zentralkomitees und aller wichtigsten zentralen Parteikörperschaften aus Genossen bestehen, die sich noch vor dem II. Kongress der Kommunistischen Internationale unzweideutig für den Anschluss an die Kommunistische Internationale öffentlich ausgesprochen haben. Ausnahmen sind zulässig mit Zustimmung des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale. Das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale hat das Recht, auch für die in § 7 genannten Vertreter des „Zentrums“ Ausnahmen zu machen.
21. Parteimitglieder, die die von der Kommunistischen Internationale
aufgestellten Verpflichtungen und Leitsätze grundsätzlich ablehnen, müssen aus
der Partei ausgeschlossen werden.
Dasselbe gilt namentlich für Delegierte des außerordentlichen Parteitages.