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Kommunistische Partei Italiens
Firenze, Dezember 1951
Charakteristische Thesen der Partei
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1.Teil -
THEORIE
Grundlage der Theorie: marxistischer historischer Materialismus
Grundlage der Lehre sind die Grundsätze des
historischen Materialismus und des kritischen Kommunismus von Marx und Engels,
dargelegt im „Manifest der kommunistischen Partei“, im Kapital und in den
anderen ihrer grundlegenden Werke, Basis der Bildung der Kommunistischen
Internationale 1919, der Kommunistischen Partei Italiens 1921 und enthalten im
Programm der Partei, veröffentlicht in „Battaglia Comunista“ Nr.1, 1951 und
mehrmals wiederveröffentlicht in „Programma Comunista“.
Der Text des Programms sei hier wiedergegeben:
Die Internationale Kommunistische Partei ist auf der Grundlage der folgenden Prinzipien gegründet, die bei der Gründung der Kommunistischen Partei Italiens (Sektion der Kommunistischen Internationale) 1921 festgelegt wurden.
1. Unter der gegenwärtigen kapitalistischen Herrschaft über die Gesellschaft entwickelt sich ein stets wachsender Widerspruch zwischen den Produktivkräften und den Produktionsverhältnissen, was zu antagonistischen Interessensgegensätzen und zum Klassenkampf zwischen Proletariat und der herrschenden Bourgeoisie führt.
2. Die heutigen Produktionsverhältnisse werden von der bürgerlichen Staatsmacht geschützt, die, welcher Art die Form des Repräsentativsystems und die Anwendung der Wahldemokratie auch sei, das Verteidigungsorgan der Interessen der kapitalistischen Klasse bildet.
3. Das Proletariat kann das System der kapitalistischen Produktionsverhältnisse ohne die gewaltsame Zerschlagung der bürgerlichen Macht, von dem seine Ausbeutung herrührt, weder brechen noch verändern.
4. Das unverzichtbare Organ des revolutionären Kampfs des Proletariats ist die Klassenpartei. Die kommunistische Partei, die in ihren Reihen den vorgeschrittensten und entschlossensten Teil des Proletariats versammelt, vereint die Anstrengungen der arbeitenden Massen, indem sie sie vom Kampf von Gruppeninteressen und für beschränkte Ergebnisse auf den allgemeinen Kampf für die revolutionäre Emanzipation des Proletariats lenkt. Die Partei hat die Aufgabe, in den Massen die revolutionäre Theorie zu verbreiten, die materiellen Aktionsmittel zu organisieren, die arbeitende Klasse im Verlauf der Kämpfe zu führen und die historische Kontinuität und die internationale Einheit der Bewegung zu sichern.
5. Nach der Zerschlagung der kapitalistischen Macht kann sich das Proletariat nicht zur herrschenden Klasse erheben ohne Zerstörung des alten Staatsapparats und der Errichtung der eigenen Diktatur, die die bürgerliche Klasse und deren Individuen von jeglichem politischen Recht und Funktion ausschließt, sofern sie gesellschaftlich überleben, und die die Organe der neuen Herrschaft ausschließlich aus der produktiven Klasse bildet. Die kommunistische Partei, deren programmatisches Charakteristikum in der grundlegenden Verwirklichung dieser Ziele besteht, repräsentiert, organisiert und leitet einheitlich die Diktatur des Proletariats. Die notwendige Verteidigung des proletarischen Staats gegen alle konterrevolutionären Bestrebungen kann nur gewährleistet werden, indem der Bourgeoisie und den der proletarischen Diktatur gegnerischen Parteien alle Mittel der Agitation und der politischen Propaganda entzogen werden und durch eine bewaffnete Organisation des Proletariats, um die äußeren und inneren Angriffe zurückzuschlagen.
6. Nur die Macht des proletarischen Staats kann all die aufeinanderfolgenden Maßnahmen des Eingriffs in die wirtschaftlichen Gesellschaftsverhältnisse durchsetzen, mit denen die Ersetzung des kapitalistischen Systems durch die gemeinschaftliche Verwaltung der Produktion und Verteilung verwirklicht wird.
7. Durch die Auswirkungen dieser wirtschaftlichen Umwandlung und der daraus erwachsenden Veränderungen aller Aktivitäten des gesellschaftlichen Lebens verschwindet mehr und mehr die Notwendigkeit des politischen Staats, dessen Räderwerk sich fortschreitend auf die rationale Verwaltung menschlicher Aktivitäten beschränkt.
* * *
Gegenüber der Situation des Weltkapitalismus und der Arbeiterbewegung nach dem Zweiten Weltkrieg gründen die Positionen der Partei auf folgenden Punkten:
8. Im Verlauf der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts entwickelt sich das kapitalistische System auf ökonomischem Gebiet von der Einführung von Unternehmensverbänden der Arbeitgeber zu monopolistischen Zwecken und zu Versuchen, die Produktion und den Austausch nach zentralen Plänen anzuleiten und zu kontrollieren, bis hin zur staatlichen Verwaltung ganzer Produktionssektoren; auf politischem Gebiet spiegelt sich diese Entwicklung im Anwachsen des polizeilichen und militärischen Potentials des Staats und des Regierungstotalitarismus. All dies sind weder neue Modelle gesellschaftlicher Organisation mit einem Übergangscharakter des Kapitalismus zum Sozialismus, und noch weniger Rückfälle in vorbürgerliche politische Herrschaftsformen. Sie sind im Gegenteil Ausdruck der noch direkteren und ausschließlicheren Leitung der Macht und des Staates seitens der entwickelsten kapitalistischen Kräfte. Dieser Prozess schließt pazifistische, evolutionistische und progressistische Interpretationen der Entwicklung der bürgerlichen Herrschaft aus und bestätigt die Vorhersage der Konzentration und antagonistischen Aufstellung der Klassenkräfte. Damit die revolutionären Energien des Proletariats sich mit entsprechendem Potential konzentrieren und verstärken können, muss das Proletariat die illusorische Rückkehr zum demokratischen Liberalismus und das Ersuchen rechtlicher Garantien als Forderung und Agitationsmittel zurückweisen und historisch mit der Methode der Bündnisse zu beschränkten Zwecken der revolutionären Klassenpartei mit bürgerlichen und kleinbürgerlichen Parteien oder Pseudoarbeiterparteien mit reformistischem Programm brechen.
9. Die imperialistischen Weltkriege zeigten, dass die Zersetzungskrise des Kapitalismus unvermeidlich ist mit dem entscheidenden Eintritt in die Periode, in der seine Ausdehnung nicht mehr das Anwachsen der Produktivkräfte übersteigt, sondern deren Akkumulation von einer größeren und häufigeren Zerstörung abhängig macht. Diese Kriege haben wiederholte und tiefe Krisen in der weltweiten Organisation der Arbeiter verursacht und erlaubten den herrschenden Klassen, ihnen die nationale und militärische Solidarität für die eine oder andere Kriegspartei aufzuzwingen. Die einzige historische Alternative, die dieser Situation entgegenzustellen ist, ist das Wiederaufflammen des Klassenkampfs in jedem Lande bis hin zum Krieg der arbeitenden Massen, um die Macht aller bürgerlicher Staaten und weltweiten Allianzen zu stürzen, mittels der Wiederaufrichtung der internationalen kommunistischen Partei als einer von aller bestehenden politischen und organisierten militärischen Macht unabhängigen Kraft.
10. Der proletarische Staat, soweit sein Apparat ein Mittel und eine Waffe des Kampfes in einer historischen Übergangsperiode ist, bezieht seine organisatorische Kraft weder aus Verfassungsartikeln noch von jeweiligen Repräsentativsystemen. Die größte geschichtliche Darstellung seines Aufbaus sind bis jetzt die während der russischen Oktoberrevolution 1917 aufgetretenen Arbeiterräte, die Periode der Bewaffnung der Arbeiterklasse unter der ausschließlichen Führung durch die bolschewistische Partei, die gewaltsame Eroberung der Staatsmacht, die Auflösung der konstituierenden Versammlung, der Kampf um die Zurückschlagung der äußeren Attacken bürgerlicher Regime und um die Unterdrückung im Innern der Revolten der geschlagenen Klassen, der mittleren und kleinbürgerlichen Schichten und der opportunistischen Parteien, den unausweichlichen Verbündeten der Konterrevolution.
11. Die Verteidigung der
proletarischen Herrschaft gegen die in möglichen Erfolglosigkeiten und
Rückschritten liegenden Gefahren der Degeneration während der Arbeit des
wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbaus, dessen vollständige Durchführung
in den Grenzen eines einzigen Landes undenkbar ist, kann nur gesichert werden in
einem beständigen Abstimmen der Politik des Arbeiterstaates mit dem
einheitlichen internationalen Kampf des Proletariats aller Länder gegen deren
Bourgeoisie und deren militärische und staatliche Apparate, einem in jeder
Situation, in Kriegs- wie in Friedenszeiten unaufhörlichem Kampfes, mittels
politischer und programmatischer Kontrolle der kommunistischen Weltpartei über
die Staatsapparate, deren Macht das Proletariat erobert hat.
2.Teil - AUFGABEN DER KOMMUNISTISCHEN PARTEI
1. Notwendigkeit der politischen Klassenpartei.
Die Emanzipation der arbeitenden Klasse
von der Ausbeutung durch den Kapitalismus kann nur erreicht werden durch den
politischen Kampf und ein politisches Organ der revolutionären Klasse, der
kommunistischen Partei.
2. Aufstand als Hauptform
des politischen Kampfes.
Der wichtigste Aspekt des politischen Kampfs
im marxistischen Sinne ist der Bürgerkrieg und der bewaffnete Aufstand, in dem
eine Klasse die Macht der gegenüberstehenden herrschenden Klasse stürzt und
seine eigene errichtet. Ein solcher Kampf kann nicht gewonnen werden ohne
Führung durch die Parteiorganisation.
3. Die proletarische
Diktatur wird von der Partei ausgeübt.
Wie sich der Kampf gegen die
Macht der ausbeutenden Klasse ohne revolutionäre politische Partei nicht
entfalten kann, so auch nicht die nachfolgende Arbeit der Ausrottung der
vorherigen wirtschaftlichen Institutionen: die proletarische Diktatur, notwendig
in der historisch längeren Periode des Übergangs, wird offen von der Partei
ausgeübt.
4. Aufgaben der Partei:
Kontinuität der Theorie, Kontinuität der Organisation - Teilnahme an allen
wirtschaftlichen Kämpfen des Proletariats.
Gleichermaßen notwendige
Aufgaben der Partei vor, während und nach dem bewaffneten Kampf um die Macht
sind die Verteidigung und Verbreitung der Theorie der Bewegung, die Verteidigung
und Verstärkung der inneren Organisation durch Überzeugungsarbeit und Propaganda
der kommunistischen Theorie und des kommunistischen Programms, und die
beständige Aktivität innerhalb des Proletariats, soweit es durch die
wirtschaftlichen Zwänge und Erfordernisse zum Kampf für seine Interessen
getrieben wird.
5. Minderheit der zur Partei
organisierten Klasse - Bewusstsein, nicht der Parteimitglieder oder der
Parteiführer, sondern der organischen Gesamtheit der Partei.
Die
Partei umfasst in ihren Reihen weder alle Individuen, die zusammen die
Arbeiterklasse bilden, noch deren Mehrheit, dahingegen aber jene Minderheit, die
die gemeinschaftliche Vorbereitung und Reife für die Theorie und Aktion errungen
hat, die der allgemeinen und festgelegten Sichtweise der geschichtlichen
Bewegung, weltweit und in ihrem ganzen Verlauf, von der Bildung des Proletariats
bis zu seinem Sieg reichend, entspricht.
Die Frage des individuellen
Bewusstseins liegt der Parteibildung nicht zugrunde: nicht jeder Proletarier
kann bewusst die Lehre der Klasse beherrschen, und noch weniger kulturell, nicht
einmal jedes Parteiglied für sich genommen, und selbst die Parteispitzen bieten
dafür keine Gewähr. Diese besteht nur in der organischen Einheit der Partei.
Von daher wird jede Vorstellung einer individuellen Aktion oder einer Aktion von
nicht durch ein genaues organisatorisches Netz verbundenen Massen
zurückgewiesen, wie auch eine Vorstellung von der Partei als eine Gruppierung
von Weisen, Erleuchteten oder Gewissenhaften. Unserer Vorstellung nach ist die
Partei ein Netz und ein System das innerhalb der Arbeiterklasse die organische
Funktion hat, die revolutionären Aufgaben in allen ihren Aspekten und in allen
verwickelten Phasen zu erklären.
6. Notwendigkeit für das
revolutionäre Vorankommen, dass zwischen der Partei und der Klasse eine
Zwischenschicht an wirtschaftlichen Vereinigungen besteht, die von der Partei
durchdrungen sind.
Der Marxismus hat die syndikalistische Theorie,
immer wenn sie auftrat, stets heftig zurückgewiesen, die der Klasse rein
wirtschaftliche Organe wie Berufs-, Industrie- oder Fabrikverbände zusprechen
und diese für befähigt halten, den Kampf zu entwickeln und die gesellschaftliche
Umwandlung durchzusetzen.
Wenn die Gewerkschaften auch, für sich
genommen, für die Revolution unzureichende Organe darstellen, so sind sie doch
unverzichtbare Organe für die Mobilisierung der Klasse auf politischer und
revolutionärer Ebene, durchgeführt durch das Eindringen und die Präsenz der
kommunistischen Partei in den wirtschaftlichen Organisationen der Klasse.
In der schwierigen Phase, die die Herausbildung wirtschaftlicher Verbände
darstellt, betrachten wir diejenigen als für die Arbeit der Partei geeignet, die
nur Arbeiter umfassen, die diesen freiwillig beitreten, aber ohne politische,
religiöse oder gesellschaftliche Glaubensbekenntnisse ablegen zu müssen. Diese
Eigenschaften treffen weder für religiöse und Zwangsgewerkschaften zu, noch für
solche, die integrierter Teil des Staatsapparates geworden sind.
7. Zurückweisung der Bildung
von gesonderten Gewerkschaften, die der Partei einverleibt sind.
Die
Partei wendet niemals die Methode an, besondere wirtschaftliche Organisationen
zu bilden, die nur solche Arbeiter einbeziehen, die die Grundsätze und die
Leitung der kommunistischen Partei befürworten. Die Partei anerkennt
vorbehaltlos, dass nicht nur die dem Aufstand vorhergehende Phase noch jede
Phase des entscheidenden Anwachsens des Einflusses der Partei in den Massen
zustande kommen kann, ohne dass sich zwischen der Partei und der Klasse eine
Organisationsschicht mit unmittelbaren wirtschaftlichen Zielen herausbildet, mit
zahlenmäßig hoher Mitgliedschaft, in deren Innern ein von der Partei ausgehendes
Netz existiert (kommunistische gewerkschaftliche Zellen, Gruppen und
Fraktionen). Die Aufgaben der Partei in ungünstigen Zeiten und der Passivität
der Arbeiterklasse bestehen darin, das Entstehen von Formen von Organisationen
mit unmittelbar wirtschaftlicher Zielsetzung vorherzusehen und zu unterstützen,
die künftig auch vollkommen neue Formen annehmen können, neben den gut bekannten
der Berufsverbände, Industriegewerkschaften, Fabrikräte usw.. Die Partei
unterstützt stets die Organisationsformen, die den Kontakt und die gemeinsame
Aktion von Arbeitern verschiedenster Regionen und Berufe erleichtern und weist
alle exklusiven Formen zurück.
8. Zurückweisung aller
Auffassungen utopistischer, anarchistischer oder syndikalistischer Art, wie etwa
die einer sektiererischen Partei, die sich ihren gewerkschaftlichen Doppelgänger
erschafft oder gewerkschaftliche Arbeit ablehnt.
Zu allen Zeiten hält
sich die Partei von daher fern von der utopistischen und idealistischen
Vorstellung, die eine Verbesserung der gesellschaftlichen Verhältnisse einem
Zusammenschluss von Erwählten, Gewissenhaften, Aposteln und Helden zutraut, von
der libertären Vorstellung, die dies einer individuellen Revolte oder der einer
unorganisierten Menge zutraut, von der syndikalistischen oder ökonomistischen
Vorstellung, die dies einer Aktion apolitischer wirtschaftlicher Organismen mit
oder ohne Hilfe von Gewaltanwendung zutraut, von der voluntaristischen oder
sektiererischen Vorstellung, die vom wirklich bestimmenden Prozess absieht, die
ignoriert, dass die Rebellion der Klasse aus Aktionen und Reaktionen hervorgeht,
die dem theoretischen Bewusstsein und dem entsprechenden klaren Willen weit
vorauseilen, und die eine kleine Elitepartei wollen, die sich mit extremen
Gewerkschaften umgibt, die nichts als ihre Verdopplung darstellen, oder in den
Fehler verfallen, sich vom wirtschaftlich-gewerkschaftlichen Verbundnetz des
Proletariats zu isolieren. Letzterer Fehler der deutschen „Kaapedisten“ oder der
holländischen „Tribunisten“ wurde immer innerhalb der Dritten Internationale von
der Italienischen Linken bekämpft.
Diese Strömungen lösten sich wegen Fragen
der Taktik und Strategie des proletarischen Kampfs, die man nur im Zusammenhang
mit der Zeit und den folgenden historischen Phasen behandeln kann, von der
Dritten Internationale.
3.Teil -
HISTORISCHE WELLEN DER OPPORTUNISTISCHEN DEGENERATION
TAKTIK UND AKTION DER PARTEI
1. Nicht abstrakte, sondern
geschichtliche Behandlung der Fragen bezüglich der Aktivität der Partei und
ihrer Bündnisse.
Eine Position der prinzipiellen Unnachgiebigkeit
gegenüber allen Allianzen, Einheitsfronten und Kompromissen kann nicht als für
alle aufeinanderfolgenden Phasen der proletarischen Geschichte gültig
vorgebracht werden, ohne in Idealismus zu verfallen, der der marxistischen
Sichtweise fremd ist und sich auf mystische, ethische oder ästhetische
Überlegungen stützt. Die Fragen der Strategie, der Manöver, der Taktik und der
Praxis der Klasse und der Partei stellen und lösen sich also nur auf
geschichtlicher Ebene. Dies bedeutet, dass diese Fragen nur im Zusammenhang mit
dem weltweiten Prozess des proletarischen Vordringens zwischen bürgerlicher und
proletarischer Revolution zu begreifen sind und nicht der kleinlichen Kasuistik
[Einzelfallerörterung], Ort für Ort, Zeitpunkt für Zeitpunkt, der Willkür von
Gruppen und leitenden Komitees überlassen bleiben.
2. Dialektische
Notwendigkeit für den Sieg der bürgerlichen Revolutionen unter feudalen
Verhältnissen zu kämpfen, um den Anbruch kapitalistischer Produktion zu
begünstigen.
Das Proletariat selbst ist vor allem ein Produkt der
Ökonomie und der kapitalistischen Industrialisierung. Wie der Kommunismus nicht
aus menschlicher Eingebung, einem Kreis Gleichgesinnter oder Bruderschaften
hervorgeht, sondern nur aus dem Kampf der Arbeiter selbst, so ist der
unwiderrufliche Sieg des Kapitalismus über die ihm vorausgehenden
Produktionsweisen eine Vorbedingung des Kommunismus, also der Sieg der
Bourgeoisie über die feudale Grundaristokratie und der anderen Klassen der alten
Gesellschaft Europas, Asiens und aller Länder überhaupt.
Zur Zeit des
„Kommunistischen Manifests“, als sich die moderne Industrie erst und in nur
wenigen Ländern zu entwickeln begann, war das Proletariat aufgerufen, in den
antifeudalen und nationalen Befreiungsaufständen an der Seite der revolutionären
Bourgeoisie zu kämpfen, ein Kampf, der in jener Epoche nur bewaffnet vor sich
ging, mit dem Ziel, den Ausbruch des modernen Klassenkampfs zu beschleunigen.
Die Beteiligung der Arbeiter an der großen französischen Revolution und deren
Verteidigung gegen die europäischen Koalitionen, auch in der napoleonischen
Phase, gehört somit zum großen geschichtlichen Bogen des proletarischen
Klassenkampfes, auch wenn in dieser Epoche die bürgerliche Diktatur die ersten
kommunistischen sozialen Kämpfe gnadenlos unterdrückte.
Für die Marxisten
verlängerte sich die Phase der antifeudalen Strategie, nach den Niederlagen der
(auch verbündeten) Bourgeoisie und Proletarier in der 1848er-Bewegung, bis Ende
1871: in Europa blieben geschichtlich feudale Regime in Russland, Österreich und
Deutschland bestehen und die Erringung der nationalen Einheit in Italien,
Deutschland und auch im europäischen Osten war Bedingung für die industrielle
Entwicklung Europas.
3. Beendigung im Westen der
Periode der revolutionären Bündnisse mit der Bourgeoisie und der Kriege zur
Herausbildung der Nationalstaaten 1871: Pariser Kommune.
1871 stellt
eine offensichtliche Wende dar, da der Kampf gegen Napoleon III und seine
Diktatur schon ganz klar nicht ein Kampf gegen eine feudale, sondern
kapitalistische Formation war, Produkt und Beweis der antagonistischen
Aufstellung der Klassenkräfte, und auch wenn Napoleon III ein militärisches
Hindernis für die moderne und historische bürgerliche Entwicklung in Deutschland
war, stellte sich der revolutionäre Marxismus sofort auf die Seite des
ausschließlich proletarischen Kampfes aller Parteien der Kommune, der ersten
Arbeiterdiktatur, gegen die französische Bourgeoisie.
Mit dieser Epoche
verschließt sich im europäischen Rahmen die Möglichkeit, zwischen zwei
geschichtlichen Gruppen im Kampf und zwischen zwei staatlichen Armeen zu wählen,
und sie verschließt sich so weit wie jede „Rückkehr“ zu vorbürgerlichen
Gesellschaftsformen in zwei großen Gebieten unmöglich geworden ist: England und
Amerika, Europa bis zu den Grenzen des zaristischen und ottomanischen Reiches.
a. DIE ERSTE WELLE: ZUR JAHRHUNDERTWENDE
4. Zurückweisung der
sozialdemokratischen und legalistischen „Revision“, die in der ruhigen Periode
des Kapitalismus (1871-1914) auftrat - Zurückweisung der Wahlblöcke und der
Regierungsbeteiligungen.
Eine erste Welle des Opportunismus in den
Reihen der marxistischen Arbeiterbewegung (die bakunistische Richtung in der
Ersten Internationale 1867-1871 und die sorelianische der Zweiten In ternationale
1907-1914 betrachten wir als außerhalb des Marxismus stehend) ist die des
sozialdemokratischen Revisionismus: mit dem Sieg der Bourgeoisie wäre eine
Periode ohne Kriege und Aufstände eröffnet worden; auf Grundlage der Verbreitung
der Industrie, des zahlenmäßigen Anwachsens der Arbeiterschaft und des
allgemeinen Wahlrechts wäre der Sozialismus durch allmählichen und unblutigen
Fortschritt möglich. Der Revisionismus versucht solcherart (Bernstein), den
Marxismus seines revolutionären Gehalts zu berauben: dieser sei nicht der
proletarischen Klasse gemäß, sondern ein untergeschobener Reflex der
bürgerlichen Aufstandsperiode. In dieser Periode erhält die taktische Frage der
Allianzen mit bürgerlichen fortschrittlichen oder linken Parteien und
proletarischen Parteien einen anderen Gesichtspunkt: es geht nicht mehr um
Geburtshilfe für den Kapitalismus, sondern darum, wie aus ihm mit Hilfe von
Gesetzen und Reformen der Sozialismus hervorgeht, nicht durch Kampf in Land und
Stadt, sondern durch gemeinsame Abstimmung in den parlamentarischen
Versammlungen: derartige Angebote von Allianzen und Blockbildungen, die bis zur
Übernahme von Ministerämtern durch proletarische Führer reichen, stellen einen
Abfall vom revolutionären Weg dar, und darum verdammen radikale Marxisten alle
Wahlblöcke.
5. Zurückweisung der Politik der nationalen Kriegsallianzen, der Einschätzung
des imperialistischen Kriegs (Lenin: „Der Imperialismus...“) als eines
antifeudalen Kriegs oder eines Verteidigungskriegs. Nicht nur Zurückweisung des
Burgfriedens (oder der „heiligen Allianz“ zwischen Proletariat und
Bourgeoisie), sondern Defätismus gegenüber jedem nationalen Krieg, um ihn in
einen Bürgerkrieg umzuwandeln (Lenin: Thesen zum Krieg 1915).
Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 ergießt sich über die
proletarische Bewegung die zweite gewaltige Welle des Opportunismus. Zahlreiche
gewerkschaftliche und parlamentarische Führer, ganze Gruppen von Mitgliedern und
ganze Parteien beschrieben den zwischenstaatlichen Konflikt als einen Kampf, der
zur Rückkehr zum feudalistischen Absolutismus und zur Zerstörung der zivilen
Errungenschaften der Bourgeoisie wie deren modernen Wirtschaftsrahmens führen
könne. Sie predigten also die Solidarität mit dem im Kampf befindlichen
Nationalstaat, und dies beiderseitig der Front, weil das zaristische Russland
mit der fortgeschrittenen Bourgeoisie Englands und Frankreichs verbündet war.
Der größte Teil der Zweiten Internationale verfiel in den Kriegsopportunismus.
Wenige Parteien, darunter die italienische, retteten sich, aber nur
vorgeschrittene Gruppen und Fraktionen trafen sich auf einer Ebene mit Lenin,
der den Krieg als Produkt des Kapitalismus und nicht als einen Kampf zwischen
Kapitalismus und vorherigen Gesellschaftsformen definierte und daraus nicht nur
die Verdammung der heiligen Union nationaler Allianzen folgerte, sondern die
Forderung des defätistischen Kampfes der proletarischen Parteien im Innern eines
jeden Staates und Kriegsheeres.
6. Berufung auf die
konstituierende Plattform der III. Internationale von 1919. Nicht nur Ablehnung
jeglicher parlamentarischer Bündnisse, sondern Zurückweisung der legalen
Machteroberung; Gewaltsame Zerschlagung des bürgerlichen Staats; Proletarische
Diktatur
(Lenin: „Staat und Revolution“)
Die Dritte Internationale entsteht aus
einer doppelten geschichtlichen Gegebenheit: dem Kampf gegen die
Sozialdemokratie und den Kampf gegen den Sozialpatriotismus.
Die gesamte
proletarische Internationale verwirft nicht nur die Methode der Allianzen mit
anderen Parteien zur Verwaltung der parlamentarischen Macht, sondern auch, dass
die Macht auf legale Weise erobert werden könne, auch nicht auf „unnachgiebige“
Art einzig durch die proletarische Partei, und verkündet auf den Ruinen der
pazifistischen Phase des Kapitalismus die Notwendigkeit des bewaffneten Kampfs
und der Diktatur.
Man schließt nicht nur keine Bündnisse mit sich im
Krieg befindlichen Regierungen ab, auch dann nicht, wenn es sich um einen
„Verteidigungskrieg“ handelt, sondern beharrt auch im Kriege auf dem
Klassengegensatz, und darüber hinaus: in allen Ländern versucht man im Rücken
der Fronten defätistische Aktionen durchzuführen, um den imperialistischen Krieg
der Staaten in einen Krieg der Klassen umzuwandeln.
7. Verspätete Wirkung der richtigen taktischen Positionen der radikalen
Marxisten in der Periode 1871-1919 (Keine Bündnisse mit bürgerlichen
Parteien für legale Reformen. Keine Bündnisse für Verteidigungskriege), in
der Reaktion auf die opportunistischen Wellen und den Verrat, als Ursache des
Scheiterns der proletarischen Revolution in Europa nach dem Ersten Weltkrieg.
Die Antwort auf die erste Welle des
Opportunismus lautete: keine Wahlbündnisse, parlamentarische Koalitionen,
Ministerposten, um Reformen durchzusetzen.
Auf die zweite opportunistische
Welle konterte man mit einer anderen taktischen Formel: Keine Kriegsallianz
(seit 1871) mit dem Staat und der Bourgeoisie.
Die späte Wirkung dieser
Reaktionen verhinderte, dass das Proletariat von der Wende und dem Zusammenbruch
1914-1918 profitieren konnte, um überall den defätistischen Kampf gegen den
Krieg und für die Zerstörung des bürgerlichen Staats aufzunehmen und zu
gewinnen.
8. Ausnahmesieg in Russland
als positive Lösung des klassischen geschichtlichen Problems der Verknüpfung
zweier Revolutionen (antifeudal und antibürgerlich) über die militärische
Niederlage des Zarismus hinaus - in Verbindung mit der doktrinären und
organisatorischen Festigkeit der kleinen bolschewistischen Partei.
Einzige große historische Ausnahme ist der Sieg in Russland 1917. Russland war
der einzige große europäische Staat, der noch von einer feudalen Macht
beherrscht wurde, mit spärlicher Durchdringung kapitalistischer
Produktionsformen. In Russland bestand deshalb eine zahlenmäßig schwache, aber
traditionell auf der richtigen Linie der marxistischen Lehre fest stehende
Partei, die sich in der Internationale den zwei opportunistischen Wellen
entgegenstellte und gleichzeitig in der Lage war, nach der großen Probe von
1905, die aus zwei Revolutionen (bürgerlicher und proletarischer) herrührenden
Probleme anzugehen.
Diese Partei kämpfte 1917 mit den anderen gegen den
Zarismus und sofort danach nicht nur gegen die bürgerlich-liberalen, sondern
auch gegen die opportunistischen proletarischen Parteien, und es gelang ihr,
alle zu schlagen. Darüber hinaus steht sie im Mittelpunkt der Wiederherstellung
der revolutionären Internationale.
9. Kampf zur Niederwerfung
der Konterrevolution und zum Vorantreiben der russischen Wirtschaft über den
Feudalismus und Kapitalismus hinaus, bedingt durch die Mobilisierung der
Weltarbeiterklasse und der Kolonialvölker gegen den Imperialismus und die
asiatischen Despoten.
Die Tragweite dieser großartigen Ereignisse
schlägt sich in unwiderruflichen geschichtlichen Ergebnissen nieder. Im letzten
an das westeuropäische Gebiet angrenzenden Land hat ein unentwegter Kampf das
Proletariat allein an die Macht geführt, auch wenn es gesellschaftlich nicht
völlig entwickelt war. Die proletarische Diktatur, die die vorhergehenden
liberaldemokratischen Formen westlichen Typs hinwegfegte, stand vor der enormen
Aufgabe, die wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben, und dies mit der
doppelten Last, die feudalen und die erst kürzlich entstandenen kapitalistischen
Formen zu überwinden. Dies setzte vor allem den siegreichen Widerstand gegen die
Angriffe der konterrevolutionären Banden und die kapitalistischen Kräfte voraus,
weiterhin die Mobilisierung des Weltproletariats an der Seite der Sowjetmacht
und im Ansturm auf die bürgerlichen Mächte im Westen, und weiterhin auch, das
revolutionäre Problem an die Grenzen der Kontinente farbiger Völker getragen,
die Mobilisierung aller Kräfte, die bereit sind, sich mit Waffen gegen die
weißen imperialistischen Metropolen zu erheben.
10. Unvermeidliche
geschichtliche Alternative zur Zeit Lenins: entweder Fall der großen staatlichen
kapitalistischen Zentren oder Fall der russischen Revolution (wenn nicht im
bewaffneten Kampf, so jedenfalls Rückfall der gesellschaftlichen Aufgaben auf
die Ausdehnung des Kapitalismus bis an den Ural und über ihn hinaus).
Für das Gebiet Europas ist jede Strategie eines antifeudalen Blocks mit
bürgerlichen Linkskräften überholt durch die vollständige Eröffnung des
bewaffneten proletarischen Ansturms auf die Macht; in den rückständigen Ländern
lehnen es die im Entstehen begriffenen proletarischen kommunistischen Parteien
nicht ab, auf dem Schlachtfeld an Aufständen auch anderer gesellschaftlicher
antifeudaler Elemente teilzunehmen, seien sie gegen despotische Herren gerichtet
oder gegen die weißen Kolonisatoren.
Die Alternativen stellten sich zu
Lenins Zeit geschichtlich folgendermaßen: entweder der Erfolg eines derartigen
weltweiten Kampfes durch den Sturz der kapitalistischen Herrschaft, wenigstens
im Großteil des fortgeschrittenen Europas, und einen äußerst beschleunigten
Rhythmus der ökonomischen Umwälzung in Russland, dass das kapitalistische
Stadium überspringt
und sich mit der für den Sozialismus reifen Industrie des Westens auf den
neuesten Stand bringt - oder Beständigkeit der großen Zentren des bürgerlichen
Imperialismus und damit Rückfall der revolutionären Macht in Russland auf
die Aufgaben einer einzigen der zwei gesellschaftlichen Revolutionen: der
bürgerlichen, mit der Mühe eines immens produktiven Aufbaus, aber im
kapitalistischen und nicht im sozialistischen Sinne.
11. Das taktische Problem
für den kommunistischen Kampf im Westen nach den ersten Niederlagen und der
Festigung der bürgerlichen Herrschaft in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg
besteht darin, die Arbeiter dem beständigen sozialopportunistischen Einfluss der
zu entziehen: Falschheit der Manöver als Hilfsmittel.
Schon die
Offensichtlichkeit selbst der drückenden Notwendigkeit, die Eroberung der Macht
in Europa zu beschleunigen, um zu vermeiden, dass die Sowjetmacht entweder
gewaltsam zu Fall gebracht wird oder zu einem kapitalistischen Staat
degeneriert, sobald sichtbar wurde, dass sich die bürgerliche Gesellschaft nach
der starken Erschütterung des Ersten Weltkriegs wieder festigte und es den
kommunistischen Parteien, außer in sofort niedergeworfenen Versuchen, nicht
gelang, ihren Kampf unbeschadet zu gewinnen, führte dazu, sich zu fragen, welche
Maßnahmen zu treffen wären, um der Tatsache zu begegnen, dass beträchtliche
proletarische Schichten immer noch dem sozialdemokratischen und
opportunistischen Einfluss unterlagen.
Zwei Methoden standen sich
gegenüber: die Erste bestand darin, die Parteien der II. Internationale, die
eine erbarmungslose Kampagne gegen das kommunistische Programm wie gegen das
revolutionäre Russland führten, als offene Feinde zu betrachten und diese als
Teil der bürgerlichen Klassenfront - und als deren gefährlichsten Teil - zu
bekämpfen. Die zweite Methode bestand darin, auf Hilfsmittel, auf
taktisch-strategische „Manöver“ zurückzugreifen, die fähig sein sollten, den
Einfluss der kommunistischen Parteien auf die unter sozialdemokratischem
Einfluss stehenden Massen zu vergrößern.
12. Fälschliche Parallele
zwischen der bolschewistischen Liquidation aller bürgerlichen, kleinbürgerlichen
und pseudoproletarischen Parteien in Russland und dem Widerspruch zwischen
Sozialdemokraten und revolutionären Kommunisten unter der stabilen westlichen
kapitalistischen Ordnung.
Um letztere Methode zu bestärken, bediente
man sich fälschlicherweise der Erfahrungen der Bolschewiki in Russland,
herausgelöst aus dem geschichtlichen Zusammenhang. Die Bündnisangebote an
andere, kleinbürgerliche und selbst bürgerliche Parteien, waren angesiedelt in
einer Zeit, in der die zaristische Macht alle diese Bewegungen außerhalb der
Gesetze stellte und sie zwang, aufrührerisch zu kämpfen. In Europa konnte man
gemeinsame Aktionen, sei es auch nur aus taktischen Gründen, nur auf legalem
Boden vorschlagen, ob nun gewerkschaftlich oder parlamentarisch. In Russland
waren die Erfahrungen eines liberalen Parlamentarismus und selbst die einer
gesetzlich bewilligten Gewerkschaftsarbeit äußerst kurz, 1905 und einige Monate
1917; ein halbes Jahrhundert Degeneration hatte im restlichen Europa aus diesen
Bereichen ein günstiges Terrain zur Einschläferung aller revolutionären Energien
bereitet und zur Vereinnahmung der proletarischen Führer zu Diensten der
Bourgeois. Die in der Geschlossenheit und Prinzipienfestigkeit liegende Gewähr
der bolschewistischen Partei war eine völlig andere Sache als eine Gewähr, die
von der Existenz der staatlichen Macht in Russland ausging, die, wie die
Geschichte zeigte, wegen ihrer gesellschaftlichen Bedingungen selbst und den
internationalen Verhältnissen am geeignetsten dafür war, von einem Abschwören
von den revolutionären Richtlinien und Grundsätzen umgestürzt zu werden.
13. Fälschliche Taktik der
Bündnisse zwischen Kommunisten und Sozialisten im proletarischen Kampf
(Einheitsfront) und, noch schlimmer, auf parlamentarischer Ebene, um zu einer
gemeinsamen und legalen Eroberung der Macht zu gelangen (Arbeiterregierungen).
Deshalb verfocht die Linke der Internationale, der die überwältigende Mehrheit
der Kommunistischen Partei Italiens bis zum Zeitpunkt ihrer praktischen
Vernichtung durch die Reaktion (begünstigt vor allem durch Fehler der
geschichtlichen Strategie) angehörte, dass man im Westen jegliche Bündnisse mit
sozialistischen oder kleinbürgerlichen Parteien (die Taktik der politischen
Einheitsfront), wie auch Bündnisangebote an diese, verwerfen solle. Sie räumte
ein, dass man den Einfluss auf die an all den wirtschaftlichen und lokalen
Kämpfen teilnehmenden Massen zu vergrößern trachten müsse und forderte die
Arbeiter aller Organisationen und Richtungen dazu auf, diesen Kämpfen zu einem
besseren Verlauf zu verhelfen, aber sie verneinte kategorisch, dass man je die
Handlungen der Partei dazu verpflichten dürfe, sich einem politischen Komitee,
einer Front, eines Blocks oder eines Parteienbündnisses unterzuordnen (und sei
es auch nur in öffentlichen Verlautbarungen und nicht in wirklicher Absicht und
nicht gemäß der Weisungen des internen Apparats). Noch entschiedener wies sie
die vorgeblich „bolschewistische“ Taktik der „Arbeiterregierungen“ zurück, das
heißt der Ausgabe der Agitationslosung für die parlamentarische Machtergreifung
vermittels aus Kommunisten und Sozialisten verschiedenster Schattierungen
zusammengewürfelter Mehrheiten (was jedes Mal ein praktisches Experiment mit
verheerendem Ausgang wurde). Wenn sich die bolschewistische Partei gefahrlos den
Plan einer provisorischen Regierung unter Einbeziehung mehrerer Parteien in der
revolutionären Phase vornehmen konnte, und wenn dies den Bolschewiki erlaubte,
sofort zur entschiedensten Handlungsautonomie zu gelangen und zum Verbot der
zeitweiligen Verbündeten selbst, so war dies einzig und allein wegen der
Verschiedenheit der Konstellation der geschichtlichen Kräfte möglich:
Dringlichkeit zweier Revolutionen und vom Staat auferlegte destruktive
Eigenschaft jeglichen Versuchs der Machteroberung auf parlamentarischem Wege.
Völlig abwegig also, eine solche Strategie auf eine Konstellation zu übertragen,
in der der bürgerliche Staat ein halbes Jahrhundert demokratischer Tradition
hinter sich hat und in Verbindung mit Parteien, die nur die Verfassungsmäßigkeit
anerkennen.
14. Negative Bilanz der
Taktik der Dritten Internationale in den Jahren 1921-1926: objektive
Kampfbedingungen und Kräfteverhältnis zwischen den Klassen durch die Manöver
nicht verschoben; jedoch eindeutige Verschlechterung der unverzichtbaren
Kontinuität der Grundsätze und der Organisation der kommunistischen Bewegung und
ihrer Kampffähigkeit.
Die Erfahrung mit der von der Internationale
von 1921 bis 1926 angewendeten taktischen Vorgehensweise war schlecht, und
trotzdem wurden auf jedem Kongress (III., IV., V. Kongress und Sitzung der
erweiterten Exekutive 1926) opportunistischere Versionen vorgetragen.
Grundlegend für die Methode war das Gesetz: die Taktik gemäß der Analyse der
Situation verändern. Mit diesen angeblichen Analysen erkannte man alle sechs
Monate neue Entwicklungsstadien des Kapitalismus und man bildete sich ein,
diesen mit neuen Manövern zu begegnen. Im Grunde besteht darin der
Revisionismus, der immer „voluntaristisch“ gewesen ist; besser gesagt, sobald
der Revisionismus feststellte, dass sich die Voraussagen über den Anbruch des
Sozialismus noch nicht verwirklichten, beabsichtigte er, die Geschichte
vermittels neuer Praxis zu zwingen, aber damit hat er auch aufgehört für die
proletarischen und sozialistischen Ziele unseres Maximalprogramms zu kämpfen. Um
1900 sagten die Reformisten, dass die Lage nunmehr die Möglichkeiten des
Aufstands ausschließt und es nichts einbringt, auf das Unmögliche zu hoffen:
lasst uns die vorhandenen Möglichkeiten ausschöpfen wie legale Wahlen und
Reformen und gewerkschaftliche Errungenschaften. Auf den Fehlschlag dieser
Methoden reagierte der gewerkschaftliche Voluntarismus, indem er die Schuld auf
die politische Vorgehensweise und die politischen Parteien schob und er pries,
um eine Wendung herbeizuführen, die Anstrengungen verwegener Minderheiten im
allein von den Gewerkschaften geführten Generalstreik an. Von damals nicht
verschieden wollte man, als man sah, dass das Proletariat im Westen nicht zum
Kampf für seine Diktatur antritt, zu einem Ersatz Zuflucht nehmen, um den
Engpass zu überwinden. Der Erfolg war, dass sich, der Moment des
Ungleichgewichts der kapitalistischen Kräfte vorüber, die objektive Lage und das
Kräfteverhältnis nicht änderten, wohingegen die Bewegung erschlaffte und dann
korrumpiert wurde: gleichsam wie es dazu gekommen war, dass die eifrigen Links-
und Rechtsrevisionisten des revolutionären Marxismus im Dienste der Bourgeois in
den Kriegsallianzen endeten. Die theoretische Vorbereitung und Wiederherstellung
der Grundsätze wurde sabotiert als man Verwirrung stiftete zwischen dem Programm
der vollständigen Machteroberung des Proletariats und dem Aufkommen „ähnlicher“
Regierungen mittels parlamentarischer und ministerieller Teilnahme und
Unterstützung durch Kommunisten: in Thüringen und Sachsen endeten solche
Erfahrungen als Farce, ein paar Polizisten genügten, um die kommunistischen
Regierungschefs aus ihren Sesseln zu jagen.
15. Schädliche Auswirkungen
der Organisationsmethoden der blockartigen „Verschmelzung“ mit abgetrennten
Flügeln der sozialdemokratischen Parteien, oder der Förderung von „Fraktionen“
innerhalb dieser Parteien, die als Sympathisanten der Kommunisten betrachtet
wurden, was zur Verwässerung der internationalen Organisation und ihrer Kraft
führte.
Nicht weniger Verwirrung verursachte man in Innern der
Organisation, und man gefährdete die schwierige Arbeit der Scheidung der
revolutionären Elemente von den opportunistischen in den verschiedenen Parteien
und Ländern. Man glaubte, sich neue, vom Zentrum leicht manövrierbare Kräfte zu
verschaffen, indem man den sozialdemokratischen Parteien die linken Flügel als
Ganzes entriss. Dahingegen hätte die neue Internationale, nach der ersten
Entstehungsperiode, beständig als Weltpartei funktionieren müssen, in deren
nationale Sektionen die neuen Anhänger individuell einzutreten haben. Man wollte
starke Gruppen von Arbeitern gewinnen, statt dessen verhandelte man mit den
Führern, brachte die Führungsschicht der Bewegung durcheinander, zerriss sie und
setzte sie, in Zeiten des Kampfs, neu zusammen. Man erkannte Zellen und
Fraktionen innerhalb der opportunistischen Parteien an und vollführte mit ihnen
organisatorische Verschmelzungen; anstatt tauglich zum Kampf zu werden, wurden
so gut wie alle Parteien so in einem permanenten Krisenzustand gehalten und
handelten ohne Beständigkeit und ohne feste Trennung zwischen Freund und Feind
und verzeichneten in den verschiedensten Ländern unaufhörlich Niederlagen. Die
Linke forderte die organisatorische Einigkeit und Beständigkeit.
Ein
anderer Streitpunkt war die Organisation nach Arbeits- statt nach Wohnort, die
man den kommunistischen Parteien geben wollte. Dies schränkte den Horizont der
Basisorganisation ein und lief auf ihre Zusammensetzung mit Elementen der
gleichen Berufe und gleichlautenden wirtschaftlichen Interessen heraus. Die
natürliche Synthese der verschiedenen gesellschaftlichen „Triebe“ in der Partei
und in ihrer einheitlichen Zielsetzung verringerte sich und kam nur noch in den
Losungen zum Ausdruck, die die Vertreter der höheren Ebenen überbrachten, die
mehr und mehr zu Funktionären wurden und anfingen, all die treffenden Merkmale
des politischen und gewerkschaftlichen Funktionärswesen der alten Bewegung
aufzuweisen. Eine solche Kritik darf nicht verwechselt werden mit einer
Forderung nach „innerer Demokratie“ und einer Beschwerde darüber, dass die
Führungsschicht nicht aus „freien Wahlen“ hervorgeht. Es handelt sich vielmehr
um eine tiefgreifende Meinungsverschiedenheit über den vorbestimmten organischen
Charakter der Partei als in der Wirklichkeit des Klassenkampfs lebender
geschichtlicher Körper, um eine tiefgreifende und grundsätzliche Abweichung, die
die Parteien zur Unfähigkeit brachte, die opportunistische Gefahr vorauszusehen
und ihr entgegenzutreten.
16. Falsches Verhältnis
zwischen Staat und proletarischer Partei in Russland. Die Disziplin wurde nicht
dem organischen Zusammenhang zwischen Grundsätzen und Methoden anvertraut
sondern Zwangsmaßnahmen gegen Parteimitglieder oder Ausgeschlossene, der
Opportunismus zum Eintritt in die an der Macht befindliche Partei so begünstigt.
Falsches Verhältnis zwischen den Parteien der Internationale.
Gleichartige Abweichungen ergaben sich im Innern Russlands, wo sich, zum ersten
Mal in der Geschichte, das nicht einfache Problem der Organisation und Disziplin
innerhalb der kommunistischen Partei stellte, die vollständig an die Macht
gekommen ist und die natürlich ihre eigenen Kräfte enorm anwachsen sah. Allein
die Schwierigkeiten zwischen dem inneren gesellschaftlichen Kampf für eine neue
Wirtschaft und dem revolutionären politische Kampf im Ausland verursachten
selbst strittige Meinungen und Strömungen zwischen den Bolschewiki der alten
Garde und den neuen Mitgliedern. Es geschah, dass die Führungsgruppe der Partei,
die außer dem Partei- auch den gesamten Staatsapparat kontrollierte, sich im
Durchsetzen der eigenen Meinung oder der der Mehrheit, die sich in der Führung
herausschälte, nicht darauf beschränkte, sich der aus der Parteilehre, ihrer
Kampftradition und aus der Einheit und des organischen Charakters der
internationalen revolutionären Bewegung abgeleiteten Vorgehensweise zu bedienen,
sondern sie begann, die Opposition und Proteste seitens der Parteimitglieder zu
unterdrücken und schlug diese mittels vom Staatsapparat verübten Maßnahmen. Man
behauptete, dass es eine revolutionäre Notwendigkeit sei, dass der Ungehorsam
gegenüber der Parteizentrale nicht nur durch parteiinterne Maßnahmen bis hin zum
Parteiausschluss zu ahnden sei, sondern betrachtete diesen Ungehorsam auch als
eine Verletzung der Ordnung des revolutionären Staates. Ein gleichartiges
falsches Verständnis zwischen den zwei Organen Staat und Partei lag
offensichtlich in der Möglichkeit für die Gruppe, die beide beherrschte,
jegliches Verlassen der der Partei seit dem Ende der vorrevolutionären Epoche
und der gesamten proletarischen Weltbewegung gehörenden historischen Linie und
grundsätzlichen Weisungen durchzusetzen.
Die Partei muss als ein in
seiner Aktion und in seiner Lehre einheitlicher Organismus aufgefasst werden,
das Dazugehören erlegt den Führern und Parteigenossen bindende Verpflichtungen
auf, aber der Akt des Beitritts (oder des Austritts) erfolgt ohne jeglichen
Einsatz physischen Zwangs, und dies muss auf diese Weise vor, während und nach
der Eroberung der Macht vonstattengehen. Die Partei leitet, so wie sie allein
und selbständig den Kampf der ausgebeuteten Klasse zum Sturz des
kapitalistischen Staates geführt hat, auf gleiche Weise allein und selbständig
den Staat des revolutionären Proletariats; aber der Staat (wegen seiner
Eigenschaft als historisch vorübergehendes revolutionäres Organ) kann keine
gesetzlichen oder polizeilichen Eingriffe gegen Parteimitglieder oder -gruppen
durchführen, ohne dass dies nicht ein Hinweis auf eine schwere Krise wäre.
Sobald derartige Maßnahmen um sich griffen, bewahrheitete sich der
opportunistische Einfluss auf die Partei seitens Elementen, die kein anderes
Ziel hatten, als Vorteile zu erlangen oder ihre Interessen vom Staatsapparat
toleriert zu sehen; und man billigte bedenkenlos solche verderblichen Beitritte.
Während sich der Staatsapparat nicht anschickte zu schrumpfen, erlebte man eine
schädliche „Aufblähung“ der Partei an der Macht.
Diese mechanische
Umkehrung des Einflusses erlaubte es, dass es den Heterodoxen [Irrgläubigen]
gelang, die Orthodoxen [Strenggläubigen] aus der Führung, aus der Partei, aus
dem Sowjetstaat zu verjagen, dass die Verräter der revolutionären Grundsätze
deren Verteidiger lähmten und schließlich gegen sie prozessieren und sie richten
konnten, auch diejenigen, die viel zu spät das nicht wiedergutzumachende
Abrutschen bemerkten.
Tatsächlich löste die politische Regierung, die in
sämtlichen Kampf- und Widerstandsverhältnisse zu den inneren feindlichen Kräften
als auch zu den äußeren bürgerlichen Regierungen stak und ihnen ausgesetzt war,
die Aufgaben und diktierte diese Lösungen dem Organisations- und Leitungszentrum
der russischen Partei; diese wiederum dominierte und manipulierte leicht und wie
sie wollte, in der Organisation wie auf den internationalen Kongressen, die
Parteien der anderen Länder und die Direktiven der Komintern, die immer mehr
nach Anpassung und Eklektizismus rochen.
Die Italienische Linke vertrat
stets, ohne die revolutionären historischen Verdienste der russischen Partei zu
bezweifeln, die die erste lokale Revolution zum Sieg geführt hatte, dass die
Beiträge der anderen sich im offenen Kampf mit der bürgerlichen Herrschaft
befindlichen Parteien unverzichtbar blieben. Es war von daher erforderlich, dass
die Hierarchie zur Findung von Lösungen für die internationalen und
russischen Probleme der Aktion folgende sein musste: die Internationale der
kommunistischen Parteien der Welt; ihre einzelnen Sektionen, darunter die
russische; für die russische Politik die kommunistische Partei als
Ausführungsorgan der Parteidirektiven. Mit einer anderen Abfolge konnten der
internationalistische Charakter der Bewegung und ihre revolutionäre Schlagkraft
nur in Gefahr bleiben.
Selbst Lenin hat sehr oft eingeräumt, dass, wenn
sich die Revolution europa- oder weltweit ausdehnt, die russische Partei nicht
auf den zweiten, sondern höchstens auf den vierten Platz in der politischen und
sozialen Gesamtleitung der kommunistischen Revolution rutschen würde. Und nur zu
dieser Bedingung ließ sich ein mögliches Auseinanderlaufen der Interessen des
russischen Staates und der Ziele der kommunistischen Weltrevolution vermeiden.
17. Entscheidendes Auftreten
der dritten opportunistischen Welle und Entartung der proletarischen Partei;
gegenüber den unterdrückerischen und totalitären bürgerlichen Herrschaftsformen
(Faschismus, Nazismus, Falangismus usw.) keine proletarische Gegenoffensive
sondern Verteidigung liberaler bürgerlicher Positionen; Abschwören von den
Grundsätzen und der geschichtlichen Kontinuität, Zerfall der kommunistischen
Reife der Parteien.
Es ist nicht möglich, den Zeitpunkt des Beginns
der dritten opportunistischen Welle exakt auszumachen, der dritten
Entartungskrankheit der proletarischen Weltpartei, folgend auf diejenige, die
Marx Internationale lähmte und die andere, die die zweite sozialistische
Internationale schändlich zu Fall brachte. Aus den taktischen, politischen und
organisatorischen Abweichungen, wie sie in den Punkten 11, 12, 13, 14, 15 und 16
behandelt sind, folgt der Fall in den blanken Opportunismus mit der Haltung, die
Moskau gegenüber dem Auftauchen totalitärer bürgerlicher Regierungsformen und
der Unterdrückung der revolutionären Bewegung eingenommen hat. Letztere folgten
auf die Zeit der großen proletarischen Attacken (die sich nach dem Ersten
Weltkrieg in Deutschland, Italien, Ungarn, Bayern, den Balkanländern usw.
entfesselten), und sie wurden mit marxistisch zweifelhaften Formeln definiert,
auf wirtschaftlichem Gebiet als eine Unternehmeroffensive, die darauf abzielt,
den Entlohnungsgrad der arbeitenden Klassen zu senken, auf politischem Gebiet
als einen Vorstoß, die demokratischen und liberalen Freiheiten zu unterdrücken,
welche für ein günstiges Umfeld eines Vormarschs des Proletariats gehalten
wurden, wo doch der Marxismus dies traditionell als die übelste Atmosphäre der
Korruption der Revolution ansieht. Es handelte sich im Gegenteil um die völlige
Verwirklichung der großen, vom Marxismus (und nur von ihm) vorhergesehenen
historischen Begebenheit: die wirtschaftliche Konzentration, die den
gesellschaftlichen und weltweiten Charakter der kapitalistischen Produktion klar
herausstellte, zwang diese dazu ihren Mechanismus zu vereinigen und die
Konsequenzen auf dem Gebiet der Politik und des sozialen Kriegs, die aus der
erwarteten Entscheidungsschlacht der Klassen herrührten, entsprachen derjenigen
Alternative, in der der Druck des Proletariats beständig unter dem
Verteidigungspotential des kapitalistischen Klassenstaats blieb.
Man fiel
seitens der Führer der Internationale, wegen einer groben geschichtlichen
Verwechslung mit der russischen Kerenski-Periode, nicht nur in einen schweren
Fehler theoretischer Interpretation, sondern auch in eine folgerichtige und
unvermeidliche Umwälzung der Taktik. Man entwarf für das Proletariat und die
kommunistischen Parteien eine defensive und konservative Strategie und riet
ihnen, mit allen weniger zum Krieg gerüsteten und aufgeklärten (und gerade
deswegen zum Verbündeten weniger geeigneten) bürgerlichen Gruppen Fronten zu
bilden, die unterstützen, dass den Arbeitern unmittelbare Vorteile zu
gewährleisten sind und dass den breiten Volksschichten das Wahlrecht und die
Versammlungsfreiheit usw. nicht gestrichen wird. Einerseits verstand man damit
nicht, dass der Faschismus und Nationalsozialismus gar nichts zu tun hatten mit
einer Rückkehr von despotischen und feudalen Regierungsformen und noch weniger
mit einer Vorherrschaft vorgeblich rechter bürgerlicher Schichten, die zu der
vorgeschrittensten kapitalistischen Klasse der großen Industrie in Opposition
stehen, oder mit einem Versuch einer autonomen Regierung der zwischen
Proletariat und Unternehmertum angesiedelten Klassen; andererseits verstand man
nicht, dass während sich der Faschismus der dreckigen parlamentarischen Maske
entledigte, dieser das volle Erbe des pseudomarxistischen sozialen Reformismus
antrat und er, durch eine Serie von Maßnahmen und Eingriffen des Klassenstaats,
im Interesse der Erhaltung des Kapitalismus, der Arbeiterschaft und den anderen
schlechter gestellten Klassen nicht nur die mindesten, sondern eine ganze Reihe
sozialer Fortschritte und Unterstützungsleistungen sicherte. Es wurde die Losung
des Kampfs um die Freiheit ausgegeben und 1926 vom Vorsitzenden der
Internationale der italienischen Partei auferlegt, in deren Reihen quasi die
Gesamtheit der Mitglieder gegen den schon seit vier Jahren sich an der Macht
befindlichen Faschismus eine selbständige Klassenpolitik führen wollte, aber
nicht eine Blockpolitik mit allen demokratischen und gar monarchistischen und
katholischen Parteien, um mit ihnen die Wiedereinführung der verfassungsmäßigen
und parlamentarischen Garantien zu fordern. Die italienischen Kommunisten
wollten von da an die Inhalte der antifaschistischen Opposition aller
mittelbürgerlichen, kleinbürgerlichen und pseudoproletarischen Parteien
ausschließen; und sie sahen umsonst voraus, seitdem, dass jede revolutionäre
Energie Schiffbruch erleidet, die den Weg der Entartung einschlägt, der
schließlich bei den Nationalen Befreiungskomitees endet.
Die Politik der
kommunistischen Parteien ist von Natur aus offensiv und in keinem Fall darf sie
für die illusorische Erhaltung von Bedingungen kämpfen, die den kapitalistischen
Institutionen eigen sind. Wenn in der Zeit vor 1871 das Proletariat an der Seite
der Bourgeoisie kämpfen konnte, dann geschah dies nicht, weil es gegebene
Positionen verteidigen oder den Rückfall erreichter geschichtlicher Formen
verhindern konnte, sondern deshalb, weil es vorhergehende historische Formen
zerschlagen und überwinden konnte. In den Tageskämpfen wie in der allgemeinen
Weltpolitik hat das Proletariat, das nichts zu verlieren hat, nichts zu
verteidigen und seine Aufgabe besteht einzig im Angriff und der Eroberung. In dem Auftauchen der Erscheinungen des Kapitalismus wie Konzentration,
Vereinheitlichung und Totalitarismus muss die Partei vor allem erkennen, dass
dies gerade der völlige Sieg ihrer theoretischen Lehre bedeutet und sie sich von
daher nur noch um das tatsächliche Kräfteverhältnis für die Schlachtordnung im
revolutionären Bürgerkrieg kümmern muss, ein Kräfteverhältnis, das die Wellen
opportunistischer und versöhnlerischer Entartung - und nur sie alleine - bis
heute ungünstig werden ließen; die Partei muss das Mögliche tun, um den Endkampf
zu entfesseln, und wo sie dies nicht kann, muss sie der Niederlage die Stirn
bieten, sie darf aber nie ein kleinmütiges und defätistisches
vade retro
satana [„Weiche zurück, Teufel“] ausstoßen, das einem dümmlichen Erflehen
von Toleranz und Gnade beim Klassenfeind gleichkommt.
18. In der modernen Phase
des „unwiderruflichen“ Kapitalismus waren die Aufstandsbündnisse (Spanien,
Résistance, Partisanenbewegung) Verrat und Klassenkollaboration.
In
der zweiten der großen geschichtlichen Wellen des Opportunismus kam der Verrat
in humanitären, philanthropischen und pazifistischen Formen daher und spitzte
sich in der Diffamierung der Methode des Aufstands und bewaffneten Aktion zu (um
dann in der Verteidigung der legalen und staatlichen Kriegsgewalt zu münden); in
der dritten Entartungswelle ist ein neuer Fakt, dass der Verrat an und die
Abweichung von der klassengemäßen revolutionären Linie sich auch in Formen wie
Bürgerkrieg und Gefechtsaktionen ausdrückte. Die Kritik der Abweichung von der
Klassenlinie bleibt in dieser Phase dieselbe, gerichtet gegen gemeinsame
Fronten, Blöcke, Allianzen zu rein propagandistischen oder parlamentarischen
Zwecken, genauso wenn es sich um zwitterhafte Geheimabsprachen mit der
kommunistischen Partei fremden Bewegungen handelt, um in einem Lande eine
Regierung durch die andere abzulösen, in einem militärischen Kampf, der auf
Eroberung von Territorium und Machtpositionen basiert. Daher bedeutete die ganze
Bündnispolitik im spanischen Bürgerkrieg, zustande gekommen in
zwischenstaatlichen Friedenszeiten, wie die ganze Bewegung der Partisanen oder
des sogenannten Widerstands gegen die Deutschen oder die Faschisten,
veranstaltet während des zwischenstaatlichen Kriegszustands im Zweiten
Weltkrieg, unwiderruflich und trotz des Waffeneinsatzes ein Verrat des
Klassenkampfs und eine Form der Kollaboration mit kapitalistischen Kräften.
Falls die Weigerung der kommunistischen Partei, sich zwischen- und
überparteilichen Komitees unterzuordnen, lediglich noch unerbittlicher
werden muss, dann, wenn man vom Boden der gesetzlich erlaubten Agitation auf den
wichtigen und vorrangigen Boden der verdeckten Bewegung und zur Vorbereitung der
Waffen und Aufstellung der Kämpfer überwechselt, ein Terrain, auf dem es
kriminell wäre, irgendetwas mit nicht klassengemäßen Bewegungen gemein zu haben.
Es ist nicht nötig, darauf hinzuweisen, dass alle diese Geheimabsprachen sich im
Falle der Niederlage in der Rache an den Kommunisten auflösten, im Falle eines
scheinbaren Sieges in der vollständigen Entwaffnung des revolutionären Flügels
und in der Entartung seiner Partei, um neuen legalen und konsolidierten
Bedingungen bürgerlicher Ordnung Platz zu machen.
19. Verleugnung der
konterrevolutionären Grundsätze und Politik während des Zweiten Weltkriegs.
Während des deutsch-russischen Bündnisses Erklärung des imperialistischen
Charakters des Krieges und Empfehlung des Defätismus in England und Frankreich.
Während des Bündnisses mit dem anglo-amerikanischen Imperialismus Erklärung des
demokratischen Charakters des Krieges. Zerstörung jeglicher europäischer und
russischer revolutionären geschichtlichen Tradition. Völliger Zusammenbruch der
revolutionären Reife der kommunistischen Parteien.
Nach dem Ausbruch
des Zweiten Weltkriegs wurden allen genannten Manifestationen des Opportunismus
in der den europäischen Parteien aufgezwungenen Taktik und in der Regierungs-
und Polizeipraxis in Russland die Krone aufgesetzt durch die vom russischen
Staat gegenüber den anderen kriegsführenden Staaten eingeschlagene Politik und
den von Moskau den kommunistischen Parteien gegebenen Weisungen. Dass diese in
allen Ländern den Kriegsbeitritt abgelehnt und daraus Nutzen gezogen hätten, um
eine defätistische Klassenaktion in Gang zu bringen, mit dem Ziel, den Staat
niederzuwerfen, das kam nicht vor. Mehr noch, in einer ersten Phase wurde von
Russland ein Vertrag mit Deutschland geschlossen und dann, nachdem man
anordnete, dass die deutsche Sektion nichts gegen die hitlersche Macht
unternimmt, wagte man, den französischen Kommunisten eine angeblich marxistische
Taktik vorzuschreiben, da man den Krieg der englischen und französischen
Bourgeoisie für imperialistisch erklärte und so diese Parteien aufforderte,
illegale Aktionen gegen Staat und Armee auszuführen; aber sobald sich der
russische mit dem deutschen Staat in einer militärischen Auseinandersetzung
befand und von daher Interesse an der Schlagkraft aller Kräfte hatte, die sich
gegen diesen schlugen, erhielten die Parteien Englands, Frankreichs usw.
gegenteilige Weisung und den Befehl, zur Front der Nationalverteidigung
überzugehen (genauso wie es die Sozialisten, von Lenin scharf verurteilt, 1914
gemacht hatten). Aber man stellte auch jegliche theoretische historische
Position auf den Kopf und erklärte, dass der Krieg der Westmächte gegen
Deutschland kein imperialistischer Krieg wäre, sondern ein Krieg um Freiheit und
Demokratie, und dies
dès le début, von Anfang an, seit 1939, seit der
Konflikt ausgebrochen und die gesamte pseudokommunistische Presse und Propaganda
gegen England und Frankreich lanciert worden war! Es ist also klar, dass die
Kräfte der kommunistischen Internationale, die an einem bestimmten Zeitpunkt
formell liquidiert wurde, um den imperialistischen Mächten eine bessere Gewähr
dafür zu geben, dass die kommunistischen Parteien ihrer Länder völlig im Dienst
ihrer jeweiligen Nationen und Vaterländer waren, in keinem Abschnitt des langen
Krieges dazu gebraucht wurden, den Sturz einer kapitalistischen Macht und die
Bedingungen einer Machteroberung seitens der Arbeiterklasse herbeizuführen: sie
wurden, im Gegenteil, nur stets in offener Zusammenarbeit mit einer
imperialistischen Gruppe benutzt, und darüber hinaus erprobte man die
Zusammenarbeit mit dieser oder jener Gruppe, jenachdem sich die nationalen und
militärischen Interessen Russlands veränderten. Dass es sich nicht mehr nur um
eine einfache, wenn auch enorm übertriebene opportunistische Taktik handelte,
sondern um eine völlige Aufgabe der historischen Positionen, ergibt sich aus der
Dreistigkeit mit der die Definition der bürgerlichen Mächte politisch verändert
wurde. Frankreich, England und Amerika, von 1939-1940 imperialistisch und
plutokratisch, werden in den darauffolgenden Jahren hingegen Vertreter des
Fortschritts, der Freiheit und der Zivilisation und haben mit Russland das
Programm der Neuordnung der Welt gemeinsam. Aber eine solch erstaunliche
Umwandlung, die man mit marxistischen und leninistischen Texten und Lehren in
Einklang zu bringen sich anmaßt, hat niemals definitiven Charakter, denn die
ersten Meinungsverschiedenheiten seit 1946 und danach und die ersten lokalen
Konflikte in Europa und Asien genügten, um die gleichen Staaten mit den
glühendsten Ausdrücken in den schändlichen Höllenkreis des Imperialismus
zurückzuschicken.
Es ist von daher überhaupt kein Wunder, wenn die
Wagnisse, denen die in Moskau in den Jahren 1919-1920 vereinten revolutionären
Parteien ausgesetzt waren und die im Verlaufe von dreißig Jahren in diesen
Parteien jeglichen Überrest revolutionären Klassencharakters zerstört hatten, in
„zunehmendem“ Rhythmus voranschritten, von den Kontakten mit den tags zuvor noch
zurückgestoßenen Sozialverrätern und Sozialpatrioten zu den Einheitsfronten, zu
den Experimenten der auf die Diktatur verzichtenden gemeinsamen
Arbeiterregierungen, zu den Blöcken mit weiteren Parteien des Kleinbürgertums
und der Demokratie, und schließlich zur vollständigen Unterwerfung unter die
Kriegspolitik der kapitalistischen Mächte, die heute offen nicht nur als
imperialistisch, sondern gleichen Maßes wie seinerzeit Deutschland oder Italien
als „faschistisch“ angesehen werden.
20. In der dritten
historischen Welle des Opportunismus erfolgte eine Synthese der verderblichen
Kennzeichen der zwei vorhergehenden: Beteiligung an konstitutionellen
Einheitsregierungen, nicht nur Empfehlung des legalen Kampfes sondern
Verleugnung der Notwendigkeit des revolutionären Wegs zur Machtübernahme seitens
der Arbeiter; nicht nur Verzicht auf Störung jeder Regierung, sondern
Beteiligung an im Krieg gebildeten Regierungen zur nationalen Verteidigung -
gestern für die Achsenmächte, heute für den Westen - bis hin zur formellen
Liquidation der Komintern. Klare Voraussicht des noch größeren Schadens der
proletarischen Klassenkräfte im Vergleich zu den zwei vorhergehenden Wellen.
Die dritte historische Welle des Opportunismus vereinigt die verderblichsten
Züge der zwei vorhergehenden Wellen in sich, im gleichen Maß wie der heutige
Kapitalismus alle seine Entwicklungsphasen enthält.
Die opportunistischen
Parteien, mit all den ausdrücklich bürgerlichen Parteien in den nationalen
Befreiungskomitees verbunden, beteiligen sich zusammen mit diesen, nach
Beendigung des Zweiten Weltkriegs, an verfassungsmäßigen Regierungen. In Italien
beteiligen sie sich sogar an monarchistischen Kabinetten und vertagen die
institutionelle Frage der Staatsform auf einen „passenderen“ Moment. Folglich
verneinen sie den Gebrauch revolutionärer Methoden zur Eroberung der politischen
Macht seitens des Proletariats und befürworten die Notwendigkeit des
parlamentarischen und legalen Kampfes, dem alle klassenmäßigen Impulse des
Proletariats im Hinblick auf einen pazifistischen und
parlamentarisch-mehrheitlichen Weg der Gewinnung politischer Macht untergeordnet
werden. Sie postulieren die Beteiligung an Regierungen der nationalen
Verteidigung, verhindern jede Störung der kriegführenden Regierungen, wie sie
sich während des ersten Kriegsjahrs schwer davor hüteten, die faschistischen
Regierungen zu sabotieren, sondern überdies deren Kriegsfähigkeit durch
Lieferung von Grundbedarfsartikeln nährten.
Der Opportunismus folgt seinem
verhängnisvollen Verlauf und opfert dem Imperialismus, dem Klassenfeind des
Proletariats auch formell die 3. Internationale zur „weiteren Verstärkung der
Einheitsfront der Alliierten und der anderen angegliederten Nationen“. So
bewahrheitete sich die historische Vorhersage der Italienischen Linken,
vorausgesehen in den ersten Lebensjahren der 3. Internationale. Es war
unvermeidlich, dass die Riesenhaftigkeit des Opportunismus in der
Arbeiterbewegung zur Vernichtung aller revolutionären Ansprüche führen würde.
Die Wiederherstellung der Klassenkraft des Weltproletariats stellt sich daher
als stark verzögert und schwierig heraus und erfordert eine größere Anstrengung.
21. Unvermeidliche
Konsequenz des Masseneinflusses, einerseits der alten sozialistischen Parteien,
andererseits der noch kommunistisch genannten Parteien (die aber gegenüber den
revolutionären Methoden und Grundsätzen eine defätistische Politik entfalteten),
ist die Unmöglichkeit jeglichen ernsthaften Angriffs auf die bürgerliche Macht
nach dem Zweiten Weltkrieg, weder in den siegreichen und mit Russland
verbündeten, noch in den besiegten Ländern, die mit Russlands Einvernehmen und
Teilnahme zu konterrevolutionären Zwecken besetzt wurden.
Der
konterrevolutionäre Einfluss auf das Weltproletariat verstärkte und vertiefte
sich durch die direkte Teilnahme der opportunistischen Parteien an der Seite der
Siegerstaaten des Zweiten Weltkriegs und führte zur militärischen Besetzung der
besiegten Länder, um die Erhebung der ausgebeuteten Massen zu verhindern. Diese
Besetzungen wurden mit konterrevolutionärer Zielsetzung von allen sogenannten
sozialistischen und kommunistischen Parteien während der Konferenzen von Yalta
und Teheran akzeptiert und gerechtfertigt. Man verhinderte so, in den besiegten
wie den gesiegt habenden Ländern, jede ernsthafte Möglichkeit eines
revolutionären Angriffs auf die bürgerliche Macht. So erwies sich die Position
der Italienischen Linken als richtig, welche, den Zweiten Weltkrieg für
imperialistisch haltend und die militärische Besetzung der besiegten Länder für
konterrevolutionär, die absolute Unmöglichkeit einer unvermittelten
Wiederaufnahme der Revolution vorhersah.
22. Falsche Theorie von der
Koexistenz zwischen der Welt der kapitalistischen und der sozialistischen
Staaten, Maske für die Realität des kapitalistischen Inhalts des
gesellschaftlichen Aufbaus der russischen Staatsmacht. Ein proletarischer Staat
(der heute nicht existiert) erklärt und unterhält den Klassenkrieg im Innern der
bürgerlichen Länder, wenn er nicht zum heiligen Krieg der sozialistischen Länder
gegen die kapitalistischen Nationen aufruft.
In perfekter
Übereinstimmung mit der ganzen immer offener konterrevolutionär werdenden
Vergangenheit erneuerten Russland und die Tochterparteien die Theorie der
beständigen Kollaboration zwischen den Klassen und postulierten die friedliche
Koexistenz in der Welt zwischen den kapitalistischen und sozialistischen
Staaten. Der Kampf zwischen den Staaten wurde durch den friedlichen Wettbewerb
der Staaten ersetzt und wieder einmal die revolutionäre marxistische Lehre
begraben. Ein sozialistischer Staat, wenn er nicht den heiligen Krieg gegen die
kapitalistischen Staaten ausruft, erklärt und unterhält den Klassenkrieg im
Innern der bürgerlichen Länder und bereitet das Proletariat, in Theorie wie
Praxis, auf den Aufstand vor; er ist dabei in völliger Übereinstimmung mit dem
Programm der kommunistischen Parteien, die es nicht verschmähen, ihre An- und
Absichten offen kundzutun (»Manifest der Kommunisten“, 1848) und eben deshalb
die gewaltsame Zerschlagung der bürgerlichen Macht lehren und voraussetzen.
Die Staaten und Parteien also, die nur die „Koexistenz“ und den Wettbewerb
zwischen den Staaten ins Auge fassen, statt die absolute Unvereinbarkeit
zwischen zwei feindlichen Klassen zu propagieren und den bewaffneten Kampf für
die Befreiung des Proletariats vom kapitalistischen Joch, sind in Wirklichkeit
weder revolutionäre Staaten noch revolutionäre Parteien und ihre Phraseologie
maskiert den kapitalistischen Gehalt ihres Gefüges.
Die Fortdauer dieser
Ideologie im Proletariat bedeutet einen tragischen Verzug, ohne dessen
Überwindung es keine Wiederaufnahme des Klassenkampfs geben wird.
23. Zurückweisung der
pazifistischen Methoden, mit denen man die skandalösen Schwenks in der Bewertung
des imperialistischen amerikanischen Kapitalismus verdecken will, der gestern
als Retter des europäischen Proletariats angerufen wurde und heute bezeichnet
wird mit allen Kennzeichen der offensichtlichen Ausbeutung und Angriffslust, die
von Beginn an bestanden haben und nach der Intervention im Ersten Weltkrieg
immens gesteigert wurden.
Der politische Opportunismus der dritten
Welle zeigt sich noch gemeiner und schändlicher als die Vorausgegangenen, und er
fischt in noch widerwärtigeren Gewässern: dem Pazifismus. Das Spielen mit dem
Pazifismus, um dann erneut zum Partisanentum zurückzukehren, verdeckt die
dreifache unglaubliche Wendung in der Einschätzung des imperialistischen anglo-
amerikanischen Kapitalismus: imperialistisch 1939, demokratisch und „Befreier“
des europäischen Proletariats 1942, und heute von neuem imperialistisch. Was den
reaktionären und imperialistischen Charakter betrifft, zeigte der amerikanische
Kapitalismus, wenn auch in geringerem Maß, dass er schon zu Zeiten des
imperialistischen Ersten Weltkriegs eine mächtige Lebensfähigkeit besaß: ein
Aspekt, der mehrere Male von Lenin und der 3. Internationale während der
siegreichen Periode des revolutionären Kampfes ins Licht gerückt wurde. Unter
Ausnutzung des Eindrucks, den der Pazifismus auf das Proletariat macht, trotz
der Offensichtlichkeit, dass dieser untrennbar vom sozialen Pazifismus ist, übt
der Opportunismus auf es einen unbestreitbaren feinverzweigten Einfluss aus.
Die Verteidigung des Friedens und des Vaterlandes, propagandistische Elemente,
die allen Staaten und Parteien gemein sind, die in der UNO fortleben, einer
Neuauflage des Völkerbunds, einer „Räuber“-Gesellschaft nach leninistischer
Definition, bilden die Prinzipien des Opportunismus und beruhen auf der
Klassenkollaboration.
Die heutigen Opportunisten beweisen, dass sie um Längen
außerhalb des revolutionären Prozesses und sogar tiefer als die Utopisten
Saint-Simon, Owen, Fourier und selbst Proudhon stehen.
Der revolutionäre
Marxismus weist den Pazifismus als Theorie wie als Propagandamittel zurück und
ordnet den Frieden der gewaltsamen Zerschlagung des Weltimperialismus unter: es
wird keinen Frieden geben, solange das Proletariat der Welt nicht von der
bürgerlichen Ausbeutung befreit ist. Außerdem entlarvt er den Pazifismus als
Waffe des Klassenfeinds, um das Proletariat zu entwaffnen und es dem Einfluss
der Revolution zu entziehen.
24. Zurückweisung der eindeutigen
Theorie Klassenkollaboration innerhalb der nationalen Regime, die
lediglich bedingt ist durch den vermiedenen offenen Krieg zwischen dem
Westen und Russland und von einer Ausrichtung auf eine verschwommene
Demokratisierung und Reformismus im Rahmen der verfassungsmäßigen
Ordnung, was einer Entwaffnung der revolutionären Kräfte entspricht,
die noch schändlicher ist als die, die der Bourgeoisie von den
Sozialpatrioten 1914 angeboten wurde oder von den Ministerialisten à la
Millerand, Bissolati, Vandervelde, MacDonald und Konsorten, die von
Lenin und der Dritten Internationale bekämpft wurden.
Das Brückenschlagen zu den Parteien des Imperialismus zur Bildung gemeinsamer
nationaler Regierungen der „nationalen Einheit“ zwischen den Klassen ist nunmehr
zur gewohnten Praxis geworden, und der stalinistische Opportunismus verwirklicht
diese Bestrebungen in der höchsten zwischenstaatlichen Organisation, der UNO,
und verkündet eine stets umfassendere unbegrenzte Kollaboration zwischen den
Klassen, unter der Bedingung, dass ein Krieg zwischen den zwei konkurrierenden
imperialistischen Blöcken vermieden wird und dass die Unterdrückungsapparate der
Staaten mit verschwommener Demokratie und Reformismus getarnt werden.
Da,
wo der Stalinismus unbestritten herrscht, hat er diese Voraussetzungen
geschaffen und nationale Machtblöcke eingeweiht, in denen alle
Gesellschaftsklassen vertreten sind. Mit diesen bildet er sich ein, die
jeweiligen konkurrierenden Interessen in Einklang zu bringen, wie es der Block
der vier Klassen in China beweist, wo das Proletariat, weit davon entfernt, die
Macht erobert zu haben, den unaufhörlichen Druck des jungen
Industriekapitalismus erleiden muss und die Kosten des „nationalen
Wiederaufbaus“ zahlt, im selben Maß wie die Proletarier aller anderen Länder der
Welt.
Die der Bourgeoisie von den Sozialpatrioten à la Millerand,
Bissolati, Vandervelde, MacDonald usw. angebotene Entwaffnung der revolutionären
Kräfte, von Lenin und der 3. Internationale gegeißelt und bekämpft, verblasst
angesichts des schändlichen und unverschämten Kollaborationismus der heutigen
Sozialpatrioten und Ministerialisten. Die Italienische Linke verwirft aus noch
gewichtigeren Gründen, als sie den „Arbeiter-und-Bauern-Regierungen“ - einer
Ersetzung oder Verdopplung der Diktatur des Proletariats, und also
missverständlich und zweideutig oder von der proletarischen Diktatur verschieden
und also unannehmbar - entgegenstellte, die offene Theorie der
Klassenzusammenarbeit, auch wenn diese nur als Übergangstaktik aufgestellt wird,
und fordert für das Proletariat und die Klassenpartei das unbedingte Monopol des
Staats und seiner Organe, ihre einheitliche und unteilbare
Klassendiktatur.
4. Teil - TÄTIGKEIT DER PARTEI IN ITALIEN UNDANDEREN LÄNDERN 1952
Die Geschichte der
revolutionären proletarischen Bewegung zeigt, dass es im Verlauf der
kapitalistischen Periode Phasen großer Spannung und des Voranschreitens gibt;
Phasen des plötzlichen oder langsamen Zurückweichens (aufgrund einer Niederlage
oder Zersetzung); und Phasen des langen Abwartens vor einer Wiederaufnahme der
Bewegung.
Aus der richtigen Bewertung des historischen Determinismus
lässt sich schließen, dass, während die Entwicklung der kapitalistischen
Produktionsweise in einzelnen Ländern wie ihre Verbreitung auf der ganzen Welt
in technischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht nahezu
pausenlos voranschreitet, sich die Alternative der anstürmenden Klassenkräfte in
der Wechselfolge des allgemeinen geschichtlichen Kampfes verbinden, vermittels
den gewonnenen wie den verlorenen Kämpfen und Fehlern der strategischen
Methoden.
Die Partei entwickelt ihre Analysen, Vergleiche und Urteile der
vergangenen und gegenwärtigen Ereignisse mit dem Ziel, diese Thesen zu
bestätigen; sie schließt jegliche Theorieausarbeitung aus, die darauf abzielt,
neue Theorien zu entwickeln und geht davon aus, dass sich die Gegebenheiten
nicht ohne diese grundlegenden Thesen erklären lassen.
1. Die Geschichte des
Kapitalismus weist seit dessen Entstehen eine unregelmäßige Entwicklung mit
einem Rhythmus periodischer Krisen auf, von denen Marx feststellte, dass sie
ungefähr alle zehn Jahre stattfinden und von Perioden fortschreitender
intensiver Entwicklung gefolgt werden.
Die Krisen sind untrennbar mit dem
Kapitalismus verbunden, der trotzdem nicht aufhört zu wachsen, sich auszudehnen
und aufzublähen; solange, bis die reifen Kräfte der Revolution ihm den Todesstoß
versetzen. Gleichzeitig zeigt die Geschichte der proletarischen Bewegung, dass
es im Verlauf der kapitalistischen Periode Phasen eines großen Drucks und
Vorwärtskommens gibt, Phasen eines plötzlichen oder langsamen Rückzugs aufgrund
Entartungen und Niederlagen, und Phasen langen Wartens vor der Wiederaufnahme
des Kampfs. Die Pariser Kommune wurde gewaltsam niedergeworfen und auf sie
folgte eine Periode einer relativ friedlichen Entwicklung des Kapitalismus,
während der eben darum revisionistische und opportunistische Theorien
entstanden, Beweis für das Zurückweichen der Revolution.
Die
Oktoberrevolution wurde durch einen langsamen Rückbildungsprozess
niedergeworfen, der in der gewaltsamen Beseitigung ihrer überlebenden
Instrumente gipfelte. Seit 1917 ist die Revolution die große Abwesende und noch
heute erscheint die Wiederaufrichtung der revolutionären Kräfte nicht
bevorzustehen.
2. Ungeachtet dieser Rückschritte dehnt sich die kapitalistische Produktionsform aus und setzt sich in technischer und sozialer Hinsicht in allen Ländern ohne Unterlass durch. Dahingegen stimmen die Alternativen der anstürmenden Klassenkräfte überein mit den Wechselfällen des allgemeinen historischen Kampfs, mit dem in den Anfängen der bürgerlichen Vorherrschaft über die feudalen und vorkapitalistischen Klassen bereits angelegten Gegensatz und mit dem politischen Entwicklungsprozess der zwei entgegenstehenden geschichtlichen Klassen, der Bourgeoisie und dem Proletariat; ein von Niederlagen und Siegen und von Fehlern in der taktischen und strategischen Methode gezeichneter Prozess. Die ersten Gefechte gehen zurück auf das Jahr 1789 und reichen über 1848, 1871, 1905, 1917 bis heute, währenddessen die Bourgeoisie, im gleichen ansteigenden Maß wie ihre wirtschaftliche Entwicklung, ihre Kampfwaffen gegen das Proletariat verfeinerte. Angesichts der Ausdehnung und Riesenhaftigkeit des Kapitalismus konnte das Proletariat seine Klassenkräfte nicht immer mit Erfolg anwenden, und es verfing sich nach jeder Niederlage im Netz des Opportunismus und des Verrats, und es blieb über einen immer längeren Zeitraum der Revolution fern.
3. Der Zyklus der erfolgreichen
Kämpfe und der immer verheerenderen Niederlagen und der opportunistischen
Wellen, in denen die revolutionäre Bewegung dem Einfluss der feindlichen Klasse
unterliegt, stellt ein weites Feld nützlicher Erfahrungen für die Entwicklung
und Heranreifung der revolutionären Kräfte dar.
Nach Niederlagen ist der
Neuanfang langwierig und schwer; in dieser Zeit zerreißt die Bewegung, auch wenn
sie nicht an der Oberfläche der politischen Ereignisse erscheint, ihren Faden
nicht, sondern sie hält, zusammengeschlossen in einem eingeschränkten Vortrupp,
das revolutionäre Verlangen der Klasse aufrecht.
Zeiten politischer
Tiefs: von 1848 bis 1867, also von der zweiten Pariser Revolution zum Vorabend
des preußisch-französischen Kriegs, wo die revolutionäre Bewegung fast
ausschließlich von Marx, Engels und einem eingeschränkten Kreis von Genossen
verkörpert wird. Von 1872 bis 1889: von der Niederlage der Pariser Kommune bis
zum Beginn der Kolonialkriege und zum Wiederausbruch der kapitalistischen Krise,
welche zum russisch-japanischen Krieg und schließlich zum Ersten Weltkrieg
führt; während dieser Periode des rentrée [Wiederauftritts] der Bewegung wird
der Kopf der Revolution von Marx und Engels repräsentiert. Von 1914 bis 1918,
dem Zeitraum des Ersten Weltkriegs, währenddessen die 2. Internationale
zusammenbrach, brachten Lenin und andere Genossen weniger Länder die Bewegung
vorwärts. 1926 begann eine weitere für die Revolution ungünstige Periode,
während ihr wurde der Sieg der Oktoberrevolution zunichtegemacht. Nur die
Italienische Linke hat die Theorie des revolutionären Marxismus aufrechterhalten
und nur in ihr hat sich die Voraussetzung für die Wiederaufnahme des
Klassenkampfs abgesondert. Während des Zweiten Weltkriegs haben sich die
Bedingungen für die Bewegung weiter verschlechtert, denn der Krieg zerrte das
gesamte Proletariat in den Dienst des Imperialismus und des stalinistischen
Opportunismus. Heute sind wir im Zentrum des Tiefs und ein Neubeginn der
revolutionären Bewegung ist nicht anders als im Verlaufe vieler Jahre
vorstellbar. Die Länge der Periode steht im Verhältnis zum Gewicht der
Entartungswelle, wie auch zur immer stärker werdenden Konzentration der
gegnerischen kapitalistischen Kräfte: der Stalinismus fasst die schlechtesten
Züge der zwei vorausgegangenen opportunistischen Wellen in sich zusammen und
gleichzeitig wirkt die Tatsache, dass der heutige kapitalistische
Konzentrationsprozess den auf den Ersten Weltkrieg folgenden bei weitem
übersteigt.
4. Heute, inmitten des Tiefs und auch wenn die Aktionsmöglichkeiten weitestgehend eingeschränkt sind, beabsichtigt die Partei, der revolutionären Tradition gemäß, nicht, die historische Linie der Vorbereitung eines künftigen im großen stattfindenden Neubeginns der Klassenbewegung zu unterbrechen, die sich alle Resultate der vergangenen Erfahrungen zu eigen macht. Aus der Beschränktheit der praktischen Aktivität folgt keineswegs ein Verzicht auf revolutionäre Erfordernisse. Die Partei erkennt an, dass bestimmte Tätigkeitsfelder quantitativ besonders eingeschränkt sind, aber deswegen verändern sich weder die Tätigkeitsfelder in ihrer Gesamtheit, noch wird ausdrücklich auf sie verzichtet.
5. Heute besteht die
Hauptarbeit in der Wiederherstellung der marxistischen kommunistischen Theorie.
Wir sind noch bei den Waffen der Kritik. Um dies zu tun setzt die Partei
keinerlei neue Lehre in die Welt, sondern sie bestätigt die volle Gültigkeit der
durch die Tatsachen gründlich bewiesenen grundlegenden Thesen des revolutionären
Marxismus, die vom Opportunismus mehrfach getreten und verraten wurden, um
Rückzug und Niederlage zu verdecken. Die Italienische Linke entlarvt und
bekämpft heute die Stalinisten, so wie sie immer all die Revisionisten und
Opportunisten bekämpft hat.
Die Partei gründet ihre Tätigkeit auf
antirevisionistischen Positionen. Lenin hat seit seinem Erscheinen auf der
politischen Bühne den Revisionismus Bernsteins bekämpft und die Linie der
Grundsätze wieder instandgesetzt, indem er die Behauptungen des
sozialpatriotischen und des sozialdemokratischen Revisionismus verriss.
Die Italienische Linke hat seit ihrem Entstehen die ersten taktischen
Abweichungen in der 3. Internationale verurteilt als erste Anzeichen einer
dritten Revision, die sich heute voll entfaltet hat und die Fehler der beiden
ersten Revisionen miteinschließt. Gerade weil das Proletariat die letzte
ausgebeutete Klasse und von daher auch nicht Nachfolgerin einer andere Klassen
ausbeutenden Klasse sein wird, ist die Lehre auf das Entstehen der Klasse
gegründet und nichts kann dies verändern oder umformen. Die Entwicklung des
Kapitalismus, von seiner Entstehung bis heute, hat die Theoreme des Marxismus,
dargelegt in Texten, bestätigt und bewiesen und alle sogenannten „Neuerungen“
oder „Schulen“ der letzten dreißig Jahre beweisen lediglich, dass der
Kapitalismus noch lebt und dass er vernichtet werden muss. Im Mittelpunkt der
gegenwärtigen theoretischen Haltung der Bewegung steht daher folgendes: keine
Revision der ursprünglichen Grundsätze der proletarischen Revolution.
6. Die Partei verrichtet heute eine Arbeit der wissenschaftlichen Verzeichnung der gesellschaftlichen Erscheinungen, mit dem Ziel, die grundlegenden Thesen des Marxismus zu beweisen. Sie analysiert, vergleicht und kommentiert die jüngsten und gegenwärtigen Ereignisse. Sie verwirft theoretische Ausarbeitungen, die darauf abzielen, neue Theorien zu begründen oder aufzuzeigen, dass die Theorie zur Erklärung der Erscheinungen nicht ausreicht. All diese Arbeit zur Zerstörung (Lenin: Was tun?) des Opportunismus und der Abweichlerei ist heute Ausgangspunkt der Parteiaktivität, die auch in diesem Punkt der revolutionären Tradition und Erfahrung während der Zeiten des Zurückweichens der Revolution und der Blüte der opportunistischen Theorien folgt, die in Marx, Engels, Lenin und der Italienischen Linken ihre heftigen und unnachgiebigen Gegner sahen.
7. Mit dieser richtigen revolutionären Einschätzung der heutigen Aufgaben, wenn auch klein an der Zahl und wenig verbunden mit der Masse des Proletariats, obgleich immer darauf bedacht, die theoretischen Aufgaben als Aufgaben ersten Ranges zu behandeln, weist die Partei es vollkommen zurück, als ein Haufen von Denkern oder einfacher Gelehrter betrachtet zu werden, der auf der Suche neuer Wahrheiten ist oder das gestern noch Wahre verwirft, weil er es für nicht ausreichend erachtet. Keine Bewegung kann in der Geschichte den Sieg davon tragen ohne theoretische Beständigkeit, die die Erfahrung der vergangenen Kämpfe ist. Daraus folgt, dass die Partei die persönliche Freiheit verbietet, neue Schemata und Erklärungen der gegenwärtigen Gesellschaft auszuarbeiten und auszutüfteln: sie verbietet die individuelle Freiheit der Analyse, der Kritik und der Voraussage, auch dem vorbereitetsten Intellektuellen unter den Mitgliedern, und sie verteidigt die Festigkeit einer Theorie, die kein Produkt blinden Glaubens ist, sondern der Gehalt der Wissenschaft der proletarischen Klasse, errichtet aus dem Stoff von Jahrhunderten und nicht aus Gedanken von Menschen, sondern aus der Kraft materieller Fakten, die sich im geschichtlichen Bewusstsein einer revolutionären Klasse widerspiegeln und die in deren Partei zusammengefasst sind. Die materiellen Tatsachen haben die Lehre des revolutionären Marxismus lediglich bestätigt.
8. Die Partei, trotz der beschränkten Anzahl ihrer Mitglieder, hervorgerufen durch die eindeutig konterrevolutionären Bedingungen, hört nicht damit auf, Anhänger zu gewinnen und ihre Grundsätze in allen schriftlichen und mündlichen Formen zu propagieren, auch wenn an ihren Versammlungen nur wenige teilnehmen und ihre Presse keine weite Verbreitung findet. Die Partei betrachtet die Presse in der heutigen Phase als vornehmliche Aktivität, da es sich um eines der wirksamsten Mittel handelt, das die gegenwärtige Situation zulässt, um den Massen die zu verfolgende politische Linie aufzuzeigen und um eine einheitliche und ausgedehntere Verbreitung der Grundsätze der revolutionären Bewegung zu bewerkstelligen.
9. Die Ereignisse, und nicht etwa der Willen oder die Entscheidung von Menschen, bestimmen so auch den Bereich des Eindringens in die große Masse und reduzieren dies auf einen kleinen Ausschnitt der umfassenden Tätigkeiten. Dennoch versäumt die Partei keine Gelegenheit, in jeden Riss und jeden Spalt einzudringen, da sie nur zu gut Weiß, dass es keine Wiederaufnahme des Klassenkampfs gibt, wenn sich dieser Bereich nicht ungemein verstärkt und vorherrschend geworden ist.
10. Die Beschleunigung des
Prozesses entspringt außer aus den tiefen gesellschaftlichen Ursachen der
historischen Krisen auch aus der Arbeit der Mitgliederwerbung und der
Propaganda, mit den begrenzt zur Verfügung stehenden Mitteln. Die Partei
schließt völlig aus, dass dieser Prozess sich beschleunigen lässt vermittels
Kunstgriffen, Manövern oder Behelfsmitteln, die sich auf jene Gruppen, Kader und
Hierarchien stützen, die sich die Bezeichnung proletarisch, kommunistisch oder
sozialistisch ungerechtfertigt angeeignet haben. Diese Mittel, die gleich nach
dem Verschwinden Lenins vom politischen Leben die Taktik der 3. Internationale
formten, brachten kein anderes Ergebnis hervor als die Zersetzung der Komintern
als Organisationstheorie und wirkende Kraft der Bewegung und ließ stets einige
Bruchstücke der Partei auf dem Weg der „taktischen Behelfsmittel“ zurück. Diese
Methoden werden von der trotskistischen Bewegung wieder zum Leben erweckt und
aufgewertet und fälschlicherweise für kommunistisch gehalten.
Für die
Beschleunigung der Wiederaufnahme des Klassenkampfes gibt es keine fix und
fertigen Rezepte. Um der Stimme der Klasse im Proletariat Gehör zu verschaffen,
dafür gibt es keine Manöver und Behelfsmittel, deren Einsatz die Partei nicht so
erscheinen lässt, wie sie wirklich ist, sondern sie hinsichtlich ihrer Funktion
entstellt, zum Schaden und Verderben des tatsächlichen Neuanfangs der
revolutionären Bewegung, die sich auf die wirkliche Reife der Umstände gründet
und auf die der Situation entsprechende Anpassung der Partei, die dazu nur durch
ihre politische und theoretische Unbeugsamkeit in der Lage ist.
Die
Italienische Linke hat immer diese Zweckmäßigkeit zum steten Überwasserbleiben
bekämpft und sie als grundsätzliche Abweichung und als nicht am marxistischen
Determinismus festhaltend verworfen.
In Übereinstimmung mit früheren
Erfahrungen verzichtet die Partei daher darauf, Einladungen, offene Briefe und
Agitationslosungen, zum Zweck der Bildung von gemischten Komitees, Fronten und
Aktionseinheiten mit irgendeiner anderen politischen Organisation oder Bewegung,
auszugeben oder anzunehmen.
11. Die Partei verschweigt
nicht, dass sie sich in Zeiten der Wiederaufnahme des Klassenkampfs nur dann
selbständigerweise verstärken kann, wenn Formen
wirtschaftlich-gewerkschaftlicher Massenvereinigungen entstehen.
Auch
wenn sie nie frei von Einflüssen der gegnerischen Klassen ist und als Vehikel
ständiger und tiefgreifender Abweichungen und Entstellungen gedient hat, und
obwohl sie kein besonderes revolutionäres Werkzeug ist, so ist die Gewerkschaft
dennoch Gegenstand des Interesses der Partei, die nicht freiwillig davon
ablässt, in den Gewerkschaften zu arbeiten und sich dabei klar von allen anderen
politischen Gruppierungen unterscheidet. Die Partei Weiß, dass sie heute
Gewerkschaftsarbeit nur gelegentlich leisten kann, aber ab dem Moment, in dem
sich die Zahl ihrer Mitglieder und Sympathisanten im konkreten Verhältnis zu den
in einer bestimmten Gewerkschaftsstruktur Organisierten als nennenswert erweist
und diese Organisation zu denen gehört, die nicht die letzten Möglichkeiten
einer selbständigen Klassentätigkeit potentiell und aus der Satzung
ausgeschlossen haben, durchdringt die Partei diese Organisation und versucht
deren Leitung zu erobern.
12. Die Partei ist keine Fortführung der abstentionistischen Fraktion der Italienischen Sozialistischen Partei, auch wenn dieser große Anteil an der Bewegung hatte, die zur Gründung der Kommunistischen Partei Italiens in Livorno 1921 führte. Die Opposition innerhalb der Kommunistischen Partei Italiens und der Kommunistischen Internationale beruhte nicht auf den Thesen des Abstentionismus [des Wahlboykotts], sondern auf anderen Grundsatzfragen. Mit der Entwicklung des kapitalistischen Staats, der offen die Form einer Diktatur annimmt, was der Marxismus von Anfang an bloßstellte, verliert der Parlamentarismus allmählich an Bedeutung. Auch das augenscheinliche Überleben der parlamentarischen Wahlinstitutionen der traditionellen Bourgeoisie erschöpft sich immer mehr, verkommt zum Geschwätz und trägt in den Momenten gesellschaftlicher Krise die diktatorische Form des Staats zur Schau, der letzten Instanz des Kapitalismus gegen die sich die Gewalt des revolutionären Proletariats richten muss. Da diese Umstände und das gegenwärtige Kräfteverhältnis anhalten, hat die Partei kein Interesse an demokratischen Wahlen jeglicher Art und betätigt sich nicht auf diesem Gebiet.
13. Die revolutionäre Erfahrung
zeigt, dass die revolutionären Generationen rasch aufeinanderfolgen und dass der
Personenkult eine gefährliche Seite des Opportunismus darstellt. Angesichts der
natürlichen und nur durch wenige Ausnahmen bestätigten Tatsache, dass die alten
Führer aufgrund Zermürbung zum Feind und zu reformistischen Strömungen
übergehen, schenkt die Partei den jungen Menschen höchste Aufmerksamkeit und
unternimmt die größte Anstrengung, sie für die politische Arbeit, außerhalb von
Karrieresucht und Personenkult, zu gewinnen und auszubilden.
Unter den
gegenwärtigen geschichtlichen Umständen, mit ihrem hohen konterrevolutionären
Potential, drängt sich die Heranbildung junger Führungskräfte auf, die die
Kontinuität der Revolution gewährleisten. Das Hervorbringen einer neuen
Generation von Revolutionären ist eine notwendige Bedingung für den Wiederbeginn
der Bewegung der Klasse.